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Escher

Zürcher Bürgergeschlecht, ursprünglich aus Kaiserstuhl, dort erstmals um 1190 mit Jacob erwähnt, einem Ministerialen der Grafen von Habsburg. Angehörige der Familie Escher hatten ab Anfang des 13. Jahrhunderts das Amt des Schultheissen von Kaiserstuhl inne. Die Söhne von Johannes (1294), der das gleiche Amt ausübte, erwarben im 14. Jahrhundert das Zürcher Bürgerrecht: Heinrich, Stammvater der Escher vom Glas, am 20. Juli 1385, Johannes, Stammvater der Escher vom Luchs, am 4. August 1384.

Escher vom Glas

Die Escher vom Glas gehörten seit ihrer Einbürgerung zu den Zürcher Spitzengeschlechtern. Heinrich heiratete in erster Ehe Margaretha zum Thor, in zweiter Ehe Regula Manesse von Manegg. Im 16. Jahrhundert bestanden zwei Linien: Die Nachkommen von Bürgermeister Rudolf (->), Herrn zu Dübelstein, dessen Enkel Niclaus 1527 das Zürcher Bürgerrecht aufgab, nach Basel zog und sich nach der Heirat mit Ursula Grieb von und zu Binningen Escher von Binningen nannte. Die Nachfahren von Rudolfs Bruder Hans blieben vorerst in Zürich, wo sie als reiche Kaufleute eine bedeutende wirtschaftliche und soziale Stellung innehatten.

Stammbaum der Familie Escher vom Glas von Zürich. Öl auf Leinwand (Schweizerisches Nationalmuseum, Dep-3662).
Stammbaum der Familie Escher vom Glas von Zürich. Öl auf Leinwand (Schweizerisches Nationalmuseum, Dep-3662). […]

Bis 1798 stellten die Escher vom Glas fünf Bürgermeister, 45 Vertreter im Kleinen Rat und 82 Mitglieder des Grossen Rats. Zur Familie zählten im 16.-18. Jahrhundert 34 Obervögte, 29 Landvögte und 20 Amtsleute, allein im 18. Jahrhundert sieben Landvögte von Kyburg, der wichtigsten Zürcher Landvogtei. Auch die Gegnerschaft zu bedeutenden Zürcher Politikern führte die Escher vom Glas nicht ins politische Abseits: Im 15. Jahrhundert waren sie vehemente Gegner Hans Waldmanns (v.a. Bürgermeister Rudolf und sein Bruder Hans). 1526 wurde Hans (->) wegen seiner Gegnerschaft zu Zwingli verhaftet. Schon im folgenden Jahr wieder in alle Ehren eingesetzt, führte er bald darauf die Zürcher Truppen an. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts spalteten sich die Escher vom Glas in verschiedene Linien, die sich später weiter teilten: die sogenannte Pfauen-Escher-Linie, die nach Heinrich (->) benannte Heinrich'sche Linie und die Escher-Rahn-Linie in Frankreich. Die Escher vom Glas waren bis 1539 vor allem Mitglieder der Konstaffel (letzter Vertreter war Konrad ->) und traten danach verschiedenen Zünften und den Schildnern zum Schneggen bei; vereinzelte Escher vom Glas wechselten ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zur Bürgerlichen Konstaffel, zum Beispiel Hans Jakob (->).

Die Escher vom Glas gehörten nicht nur im Ancien Régime zum Regiment, sie stellten auch im 19. und 20. Jahrhundert bedeutende Politiker sowie Kaufleute, Industrielle, Ingenieure und Wissenschaftler (z.B. Hans Conrad Escher von der Linth, ->). Die Familie war primär in der Textil- und der daraus entstandenen Maschinenindustrie – so die von Hans Caspar (->) gegründete Escher, Wyss & Cie. – tätig. Heute gibt es Zweige des Geschlechts in Zürich, Bern, Norditalien, Wien, Frankreich, den USA und Deutschland. Die Familie Escher vom Glas verfügt über zwei 1693 gegründete Familienfonds.

Escher vom Luchs

Hans' Sohn Götz (->) wurde, unter anderem durch Heirat, einer der reichsten Zürcher seiner Zeit. 1429 erwarb er den sogenannten Brunnenturm, der bis 1810 im Familienbesitz blieb. 1433 wurde er zum Ritter geschlagen. Die Junker Escher vom Luchs gehörten bis ins 19. Jahrhundert zu den führenden Zürcher Geschlechtern. Sie besassen in dieser Zeit unter anderem die Gerichtsherrschaften Uitikon (1521 durch Hans Jacob erworben, 1549 an die Stadt Zürich), Berg am Irchel (1642 durch Hans Heinrichs Heirat mit Anna Dorothea von Meiss erworben, bis 1798 in der Familie weitervererbt) und Wülflingen (1634 von Hans Hartmann erworben, durch seine Tochter Margaretha an die Meiss vererbt). Die Escher vom Luchs hatten als Junkergeschlecht unzählige Staatsämter inne. Sie stellten bis zur Helvetik 10 Landvögte in den gemeinen Herrschaften, 22 Landvögte und 45 Obervögte auf der Zürcher Landschaft und standen häufig in militärischem Dienst. Mit Johann Conrad (->) und Hans Conrad Escher vom Luchs (->) stellten sie im frühen 19. Jahrhundert gleich zweimal den Bürgermeister. Wie die anderen Angehörigen der Adligenstube zum Rüden hatten die Escher dieses Amt bis zum Ende des Ancien Régimes nie inne. Die Escher vom Luchs betrieben eine geschickte Heiratspolitik und pflegten das Konnubium mit Adelsgeschlechtern wie auch mit reichen Kaufleutefamilien. Sie gehörten Ende des 18. Jahrhunderts zu den reichsten Zürcher Geschlechtern und sassen in der Gesellschaft der Schildner zum Schneggen. Ein 1770 gegründeter Familienfonds wurde 1869 wieder aufgelöst.

Quellen und Literatur

  • ZBZ, FamA
  • K. Keller-Escher, 560 Jahre aus der Gesch. der Fam. Escher vom Glas, 1320-1885, o.J., (Genealogie)
  • Schweiz. Geschlechterbuch 1, 112-128; 5, 182 f.
  • H. Schulthess, «Das Junker- und Gerichtsherrengeschlecht der Escher», in Kulturbilder aus Zürichs Vergangenheit 1, 1930
  • P. Guyer, Verfassungszustände der Stadt Zürich im 16., 17. und 18. Jh. unter der Einwirkung der sozialen Umschichtung der Bevölkerung, 1943
  • P. Guyer, «Der Brunnenturm und seine Bewohner», in ZTb 1978, 1977, 1-22
  • NZZ, 20./21.7.1985
  • G. Escher, E. Escher-Diener, Fortsetzung der Genealogie der Fam. Escher 1885-1985, Ms., 1985, (StAZ)
  • G.B. Escher, Gesch. der Fam. Escher vom Glas, 1997
  • M. Illi, Die Constaffel in Zürich, 2003
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF

Zitiervorschlag

Katja Hürlimann: "Escher", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.04.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/023794/2012-04-05/, konsultiert am 28.03.2024.