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Le Corbusier

6.10.1887 La Chaux-de-Fonds, 27.8.1965 Roquebrune-Cap-Martin (Côte d'Azur), reformiert, von Le Locle, ab 1930 französischer Staatsbürger. Sohn des Georges-Edouard Jeanneret, Zifferblatt-Emailleurs, und der Marie Charlotte-Amélie geborene Perret, Musikerin. 1930 Yvonne Gallis, Tochter des Jean-Baptiste. 1900-1906 Besuch der Kunstgewerbeschule La Chaux-de-Fonds, zuerst Ausbildung zum Graveur und Ziseleur, ab 1905 Studiengang Kunst und Dekoration unter der Leitung von Charles L'Eplattenier. Dieser bewegte ihn dazu, sich mit Architektur zu befassen, worauf Charles-Edouard Jeanneret sich 1906 an der Realisierung der Villa Fallet in La Chaux-de-Fonds beteiligte. Nach einer Studienreise in die Toskana und nach Wien (1907-1908) arbeitete er 1908-1909 als Praktikant bei den Architekten Auguste und Gustave Perret in Paris, die sich auf Beton spezialisiert hatten. 1910-1911 vervollständigte er seine ansonsten weitgehend autodidaktische Ausbildung zum Architekten mit einem Praktikum beim Architekten Peter Behrens in Berlin. Von Deutschland aus reiste er nach Griechenland, Kleinasien und Süditalien. 1911-1917 lebte er in La Chaux-de-Fonds, wo er bis 1914 an der von L'Eplattenier geschaffenen Nouvelle section der Kunstgewerbeschule unterrichtete und sich 1912 selbstständig machte. Bei der Realisierung mehrerer Häuser, unter anderem für seine Eltern ("Maison blanche" 1912) und den Industriellen Anatole Schwob ("Villa turque" 1917), flossen seine in den Praktika erworbenen Kenntnisse in die Arbeit ein. 1917 zog Jeanneret nach Paris und verlegte sein Architekturbüro endgültig dorthin. Er schloss sich avantgardistischen Strömungen an und begründete mit Amédée Ozenfant den Purismus. Mit Ozenfant veröffentlichte er 1918 "Après le cubisme" und beteiligte sich 1919 an der Gründung der Zeitschrift "L'Esprit nouveau". 1920 nahm er das Pseudonym Le Corbusier an. Zwei Jahre später schloss er sich für die Ausführung von Architekturaufträgen mit seinem Cousin Pierre Jeanneret zusammen, was ihm erlaubte, sich weiterhin dem Malen, Schreiben und Entwerfen von Möbeln zu widmen. Zu seinen ersten Pariser Architekturprojekten gehörten das Haus Citrohan (1920), das als theoretische Modell einer "Wohnmaschine" gedacht war, sowie die Zwillingshäuser für Raoul La Roche und Albert Jeanneret (1922). Sein erstes städtebauliches Projekt trug den Namen "Eine zeitgemässe Stadt für drei Millionen Einwohner" ("Une Ville contemporaine pour trois millions d'habitants" 1922). Le Corbusier verfasste Manifeste ("Vers une architecture" 1923, deutsch 1963; "Urbanisme" 1925), baute in Paris einige Villen (u.a. Savoye in Poissy, 1928-1931) und entwarf eine Reihe von grossen öffentlichen Bauten und kollektiv genutzten Gebäuden (Zentrosojus in Moskau 1928-1930, das nicht realisierte Mundaneum in Genf 1928-1929, die Cité du refuge der Heilsarmee in Paris 1929-1933). Der heftige Widerstand gegen sein Projekt für den Völkerbundpalast in Genf bewog Le Corbusier und seine Mitstreiter dazu, 1928 in La Sarraz die Internationalen Kongresse für Neues Bauen (Congrès internationaux d'architecture moderne) zu begründen. Die Ergebnisse des 4. Kongresses von 1933 publizierte er zehn Jahre später anonym ("Charta von Athen", deutsch 1962). Mit den "objets à réaction poétique" trat 1927 eine Wende in Le Corbusiers malerischem Schaffen ein. Die Städtebauprojekte jener Zeit orientierten sich an der Landschaft (Rio de Janeiro 1929, Algier ab 1931). 1930 zeigte Le Corbusier in seinem Projekt "La Ville radieuse" (Die strahlende Stadt), wie eine Stadt ohne Vororte aussähe. Die Wirtschaftskrise und den Krieg durchlief Le Corbusier ohne politische Skrupel – er gab sich den Anstrich des "reinen Fachmanns" – und bemühte sich in Italien, in der UdSSR und bei der Vichy-Regierung vergeblich um öffentliche Aufträge. Ab 1945 gestaltete er im Auftrag des französischen Ministeriums für Wiederaufbau einen neuartigen Wohnblock (sogenannte Wohneinheit), den er 1947-1952 erstmals in Marseille realisierte. Er publizierte "Les trois établissements humains" (1946), "Manière de penser l'urbanisme" (1946), "La règle des 7 V[oies]" (1948) und "L'urbanisme est une clef" (1954, deutsch 1979), worin die Idee des sogenannten Stadtlands zur Sprache kam. Daneben leitete er Projekte für Saint-Dié (1946), Bogotà (1949), Berlin (1957) und Chandigarh (ab 1950), die neue Hauptstadt des Punjab, die als sein städtebauliches Meisterwerk gilt. Dr. h.c. der Universitäten Cambridge, Columbia, Florenz und Zürich sowie der ETH Zürich. Goldmedaille des Royal Institute of British Architects und des American Institute of Architects. Grossoffizier der Ehrenlegion. Der Architekt, Maler, Bildhauer, Städtebauer und Theoretiker Le Corbusier übte einen massgebenden Einfluss auf die Architektur des 20. Jahrhunderts aus.

Quellen und Literatur

  • Œuvre complète, hg. von W. Boesiger et al., 8 Bde., 1945-70
  • Scritti, hg. von R. Tamborrino, 2003
  • Fondation Le Corbusier, Paris
  • StadtB La Chaux-de-Fonds, Nachlass
  • Le Corbusier à Genève, 1922-1932, Ausstellungskat. Genf, 1987
  • Le Corbusier: Architect of the Century, Ausstellungskat. London, 1987
  • J. Bosman, Le Corbusier und die Schweiz, 1987
  • Le Corbusier: une encyclopédie, hg. von J. Lucan, 1987
  • A.M. Vogt, Le Corbusier, der edle Wilde, 1996
  • Architektenlex., 338-340
  • BLSK, 616-618
  • J.-P. und N. Jornod, Le Corbusier (Charles Edouard Jeanneret): catalogue raisonné de l'œuvre peint, 2 Bde., 2005
  • Une expérience art nouveau: le style sapin à La Chaux-de-Fonds, hg. von H. Bieri Thomson, 2006
  • A. Petrilli, L'urbanistica di Le Corbusier, 2006
Weblinks
Weitere Links
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Kurzinformationen
Variante(n)
Charles-Edouard Jeanneret (Taufname)
Lebensdaten ∗︎ 6.10.1887 ✝︎ 27.8.1965

Zitiervorschlag

Pier Giorgio Gerosa: "Le Corbusier", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.03.2009, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019085/2009-03-18/, konsultiert am 29.03.2024.