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Edelmetalle

Als Edelmetalle gelten Silber und Gold sowie Platinmetalle (Ruthenium, Rhodium, Palladium, Osmium, Iridium, Rhenium, Platin) mit ähnlich chemischer Beständigkeit: Sie oxidieren und korrodieren nicht und sind mit Ausnahmen gegen Säuren immun. Für die Schweiz historisch bedeutsam sind Gold und Silber, die hier vorkommen (Bodenschätze).

Vorkommen und Gewinnung

Nach Art der Vorkommen unterscheidet man Berg- und Flussgold. Berggold tritt im Felsgestein auf, sichtbar (Freigold), verteilt oder enthalten in Schwermetallerzen. Flussgold (Seifen- oder Waschgold), in den Eiszeiten vom Fels durch Gletscher talwärts transportiert bzw. durch Verwitterung von Berggoldvorkommen laufend in die Flüsse geschwemmt, wird vom Flussgeröll zu Plättchen, sogenanntem Goldflitter, gepresst und angereichert und bleibt in Kiesbänken liegen.

Goldführende Flüsse und Goldbergbau in der Schweiz
Goldführende Flüsse und Goldbergbau in der Schweiz […]

Die Berggoldvorkommen im schweizerischen Alpenraum, vor allem um Disentis und Sedrun (Lukmanierschlucht), im Malcantone, am Simplon und im Unterwallis, sind verglichen mit den Vorkommen in der Monte-Rosa-Region (Italien) oder in den Hohen Tauern (Österreich) unbedeutend; sie dürften im Mittelalter wie in der Neuzeit den einheimischen Bedarf allenfalls teilweise gedeckt haben. Wichtiger und häufiger waren Flussgoldvorkommen. Zu den historisch bekannten Fundorten gehören das Napfgebiet mit seinen Flüssen (die verschiedenen Läufe der Emme, Fontanne, Luthern, Wigger), Aare und Reuss, der Raum Genf mit den Flüssen Rhone, Arve und Allondon sowie das Alpenrheingebiet mit Hinterrhein und Rhein bis Maienfeld. Seit den 1960er Jahren finden Geologen und Hobbygoldwäscher Gold im gesamten Einzugsgebiet des Alpenrheins oberhalb des Bodensees, im Hochrhein zwischen Neuhausen am Rheinfall und Aaremündung sowie in ostschweizerischen Flüssen aus Ablagerungen des Rheingletschers. Funde sind auch in den Freiburger (Broye, Saane und Sense) und Tessiner Flüssen (Magliasina, Vedeggio, Breggia) belegt. Eingriffe in die Natur wie Stauseen und Flusskorrektionen reduzieren allerdings den kontinuierlichen Nachschub von goldhaltigem Geröll aus den Alpen.

Anders als Gold kommt Silber in der Schweiz selten rein (gediegen) vor, sondern tritt in Verbindung mit Blei-, Kupfer- und Golderzen in unterschiedlichen Erzlagerstätten auf. Das grösste Vorkommen von silberhaltigem Erz (Bleiglanz) befindet sich im bündnerischen Val S-charl, kleinere Vorkommen sind im Wallis anzutreffen.

Da Flussgold in der Schweiz leichter zu gewinnen war als Berggold (Bergbau), wurde Gold bis ins 19. Jahrhundert vor allem durch Waschen gewonnen. Das Verfahren ist einfach, aber aufwendig: An der Waschstelle wird der leichte Sand (spezifisches Gewicht 2,6-2,7) mit Wasser vom schweren Gold (19,3) gespült. Zur klassischen Ausrüstung gehören einst wie heute Pfanne, Schleuse (Waschbrett) und Schaufel. Die Goldwäscherei wird heute als Hobby betrieben. Die Goldsucher schlossen sich 1989 zu der Schweizerischen Goldwäschervereinigung mit Sitz in Bramboden (Gemeinde Romoos) zusammen; 2008 umfasste die Vereinigung ca. 400 Mitglieder.

Eine Goldmine in Astano im Malcantone. Fotografie von Eugenio Schmidhauser, um 1900 (Fotostiftung Schweiz, Winterthur) © Fotostiftung Schweiz.
Eine Goldmine in Astano im Malcantone. Fotografie von Eugenio Schmidhauser, um 1900 (Fotostiftung Schweiz, Winterthur) © Fotostiftung Schweiz.

Der Abbau von Berggold, der für die Innerschweiz vom 15. Jahrhundert an bezeugt ist, war in der Regel mit der Förderung anderer Erze verbunden: Goldhaltiges Gestein wurde aussortiert, in Pochwerken zerkleinert, gewaschen und das Gold aus den Schwermetallerzen in seit alters bekannten Verhüttungsprozessen mittels Blei oder Quecksilber durch Abdampfen ausgeschieden. Auch das wichtigste mittelalterliche Bergwerk mit Silbergewinnung im Val S-charl lieferte Silber nur als Nebenprodukt, so zum Beispiel 1824-1828 nur 200 kg Silber gegenüber 60 t Blei. Einige eigentliche Goldbergwerke wie Gondo (Abbau ab dem 17. Jahrhundert, v.a. 1890-1897) und Salanfe im Wallis (1904-1928), Calanda ob Felsberg in Graubünden (1809-1856) und Astano im Tessin (um 1855, 1937-1961) wurden im 19. und 20. Jahrhundert angelegt. Auf Dauer erwiesen sie sich aber als unwirtschaftlich; sie wurden deshalb wie die meisten übrigen schweizerischen Bergwerke wieder geschlossen. Goldabbauprojekte in Nidwalden (1978-1984) und Disentis (1982-1991) versandeten, weil die Rentabilität jeweils nicht gesichert erschien.

Waschgold besteht vor allem aus Goldflittern, bei Napfgold mit einer Feinheit bei 23 Karat in Plättchengrössen von 0,2-2 mm, auch zusammen mit Mineralen wie Granat, Quarz, Pyrit und Silber. Je weiter der Transportweg, desto kleiner, dünner, leichter, aber auch reiner werden die Flitter. Goldkörner finden sich mehrheitlich im Liefergebiet, vor allem am Vorder- und Medelserrhein mit Nuggets bis maximal 20 g (Lukmanierschlucht).

Historische Angaben zur Ausbeute liegen für das Napfgold vor, da die luzernische Obrigkeit als Inhaberin des Regals das in Konzession gewaschene Gold beanspruchte: 1511-1798 wurden 31,4 kg gewonnen. Die errechneten Produktionszahlen (1700-1740 jährlich 225 g) weisen auf eine kleine Ausbeute hin. Goldwäscherei lohnte selbst als Nebenerwerb schon im 19. Jahrhundert nicht mehr.

Verarbeitung und Verwendung

Von der prähistorischen Zeit an wurden Gold und Silber meist in Legierungen (Silber, Kupfer) zu Schmuck und Ziergeräten verarbeitet. Inwieweit bzw. ab wann dabei im schweizerischen Gebiet auch einheimisches Gold verwendet wurde, ist schwierig zu beurteilen, weil die Herkunftsorte und die Entstehungsdaten der bekannten Funde wie zum Beispiel des Goldbechers von Eschenz (möglicherweise glockenbecherzeitlich) nur schwer zu eruieren sind. Als anerkannte Tauschmittel wurden Edelmetalle jedenfalls in keltischer, römischer und frühmittelalterlicher Zeit gehortet, vor oder während der Flucht oder Kämpfen versteckt und Toten ins Grab gegeben, was zahlreiche Gräber- und Schatzfunde (Goldschale von Altstetten, Goldringe von Erstfeld, goldene Kaiserbüste von Aventicum, Silberschatz von Kaiseraugst) bezeugen. Von der keltischen und römischen Zeit an wurden aus Edelmetallen auch Münzen geprägt. Römische kunsthandwerkliche Tradition überlebte in der Gold- und Silberschmiedekunst der Bischofsstädte und Klöster. Da die Kirche im Mittelalter die grösste Auftraggeberin war, überwogen sakrale Kunstwerke.

Vom 15. Jahrhundert an trat das städtische Bürgertum – Private, Räte und Zünfte – als Auftraggeber von Schmuck, Geräten, Tafelgeschirr, Zunftpokalen usw. auf, die schweizerische Goldschmiede nach dem Zeitgeschmack oder nach Vorbildern der berühmten Augsburger und Nürnberger Waren anfertigten. Dem einheimischen Gewerbe förderlich war auch die Sitte, Silberbecher zu stiften (z.B. Zunftbecher). Blattgold und Blattsilber wurde in vielfältiger Weise in der Malerei, Bildhauerei und Buchmalerei sowie zur Gold- und Silberlaméspinnerei in der Textilkunst und Stickerei verwendet.

Die Verarbeitung und der Handel von Edelmetallen waren infolge des beträchtlichen Kapitalbedarfs und der Exklusivität der Produkte auf eine kleine Zahl von städtischen Gold- und Silberschmieden beschränkt. Diese organisierten sich in zünftigen Meisterschaften, die ab dem 15. Jahrhundert reichsstädtische Handwerksordnungen befolgten, sich wie andere Handwerke zum zünftigen Kleinbetrieb bekannten und die Ausbreitung des Berufs auf das Land verhinderten. Davon unterschied sich die schon im 15. Jahrhundert exportorientierte Schmuckproduktion in Genf und die dort von Refugianten im 16. und 17. Jahrhundert eingeführte Uhrmacherei sowie die Gold- und Silberspinnerei (Golddrahtzieherei), die im Verlagssystem auch Arbeiter auf dem Land in Heimarbeit beschäftigte. Im 19. Jahrhundert eroberten Bijouterie und Uhrenindustrie ausgedehnte Heimarbeitergebiete im Jura. Ihre Produkte errangen Weltruf und wurden bei zunehmender Fabrikproduktion (ab 1840) zu schweizerischen Exportschlagern.

Während im 19. Jahrhundert die Verarbeitung von Gold und Silber zu Schmuck zunahm, ging mit dem Aufkommen der Banknoten die Vermünzung zurück. Dafür erhielten Gold und Silber als Reservemedien internationale Bedeutung. Nach 1878 verlor Silber seine Bedeutung an die Goldwährung. Neue industrielle Anwendungen von Edelmetallen kamen im 20. Jahrhundert bei Gold (z.B. Zahnmedizin, elektronische Kontakte) und Silber (Spiegel, Thermogefässe, elektronische Batterien) sowie bei Platinmetallen (u.a. Katalysatoren) auf.

Edelmetallkontrolle

Bereits in der Antike war die Festsetzung der Feinheit von Edelmetallen und deren amtliche Überprüfung und Markierung mittels Kontrollstempeln üblich (z.B. gepunzte römische Silberbarren, Kaiseraugst um 350 n.Chr.). Vom Spätmittelalter an unterstanden einheimische Produkte der Kontrolle (Schau) durch den vom städtischen Rat eingesetzten, vereidigten Münzaufseher (Probiermeister, Wardin, Gwardin), der die geprüfte Ware mit dem offiziellen städtischen Schauzeichen (v.a. Stadtwappen) versah. Vorschrift war zudem die eingestanzte Meistermarke, die häufig aus den Initialen und/oder dem Wappenschild des Gold- bzw. des Silberschmieds bestand. Die von der Tagsatzung angestrebte Vereinheitlichung des Feingehalts von Edelmetallen – 20 Karat bei Gold, 12-13 Lötigkeit bei Silber – liess sich nur zum Teil durchsetzen.

Nach 1803 ging die Edelmetallkontrolle an die Kantone über. Um sich gegen ausländische Konkurrenz zu behaupten, führte die Uhrenindustrie in den 1860er Jahren das obligatorische Punzen der Uhrenschalen durch schon bestehende (Genf, La Chaux-de-Fonds und Le Locle) oder neu eröffnete Kontrollbüros (Neuenburg, Fleurier) ein. Auf Verlangen der Uhrenbranche übernahm schliesslich der Bund, gestützt auf das Bundesgesetz von 1880 (revidiert 1933, teilrevidiert 1995), die Edelmetallkontrolle und richtete in Bern das Zentralamt ein, dem er die Oberaufsicht über die bestehenden kantonalen und neuen eidgenössischen Kontrollämter übertrug (2004: 11 Ämter, ca. 50 eidgenössische Prüfer). Die Kontrolle findet im Rahmen der Zollabfertigung an der Grenze und durch Marktüberwachung im Inland statt. 1975 trat die Schweiz der Wiener Konvention bei, dem internationalen Übereinkommen betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen. Schmuck aus Edelmetallen ist mit dem Stempel des Feingehalts in Tausendteilen und der sogenannten Verantwortlichkeitsmarke versehen, Uhrgehäuse obligatorisch zusätzlich mit der Punze der eidgenössischen Edelmetallkontrolle («Bernhardinerkopf» seit 1995). Edelmetalle werden in die Schweiz als Rohstoffe und in verarbeitetem Zustand eingeführt; die Ausfuhr betrifft vor allem im Land hergestellte Uhren.

Quellen und Literatur

  • Volkswirtschaftl. Lex. der Schweiz 4, 1890, 323
  • K. Schmid, «Zur Gesch. der Waschgoldgewinnung in der Schweiz und in angrenzenden Gebieten», in Mitt. der Naturforschenden Ges. Luzern 24, 1974
  • F. Hofmann, «Über den Goldgehalt der Bäche und Flüsse im ostschweiz. Rhein- und Linthsystem und seine Herkunft», in Minaria Helvetica 4b, 1984
  • W. Drack, R. Fellmann, Die Römer in der Schweiz, 1988
  • LexMA 4, 1535-1538; 7, 1898-1902
  • J.-F. Bergier, Die Wirtschaftsgesch. der Schweiz, 21990
  • Gold der Helvetier, Austellungskat. Zürich, 1991, 35-39
  • EVBE, Eidg. Verband der beeidigten Edelmetallprüfer: 100 Jahre, 1992
  • Gold in der Schweiz, hg. von P. Pfander, V. Jans, 1996
  • Münsingen-Rain, ein Markstein der kelt. Archäologie, hg. von F. Müller, 1998
Weblinks

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Edelmetalle", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.11.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014050/2008-11-27/, konsultiert am 29.03.2024.