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Taylorismus

Unter Taylorismus versteht man die auf den amerikanischen Ingenieur Frederick Winslow Taylor zurückgehende, Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sogenannte wissenschaftliche Betriebsführung. Ihr Ziel ist die Hebung betrieblicher Produktivität durch eine optimale Ausnutzung der Arbeitskraft. Mittels experimenteller Zeit-, Bewegungs- und Werkzeugstudien sollen Arbeitsabläufe zerlegt, normiert und neu zusammengesetzt werden, um den Produktionsfluss zu beschleunigen (Rationalisierung). Der Taylorismus sieht eine strikte Trennung von Arbeitsvorbereitung und -umsetzung sowie ein auf der Normierung der Arbeitsschritte aufbauendes Differenziallohnsystem vor. Er bildet eine wichtige Grundlage der modernen Arbeitswissenschaften (Management). In der Schweiz gewann die Taylorismus-Rezeption nach dem Ersten Weltkrieg an Bedeutung. Die Ablehnung der Lex Schulthess (Erhöhung der Arbeitszeit von 48 auf 54 Stunden pro Woche) verlieh dem Taylorismus nach 1924 weiteren Auftrieb. Eine aus Industriellen und Betriebsleitern wie Iwan Bally oder Else Züblin-Spiller bestehende sogenannte Rationalisierungsbewegung propagierte – den Taylorismus teilweise mit sozialpolititischen Ansichten des Autoindustriellen Henry Ford und neueren Ansätzen der angewandten Psychologie kombinierend – die Umgestaltung betriebs- und hauswirtschaftlicher Abläufe nach rigiden Effizienzkriterien. Eine Institutionalisierung erfuhr der Taylorismus 1929 mit der Eröffnung des betriebswissenschaftlichen Instituts an der ETH Zürich, das sich in der Folgezeit als Zentrum arbeitswissenschaftliche Forschung und Lehre etablierte. Die Teiltaylorisierung von Akkordsystemen im Rahmen betrieblicher Restrukturierungen provozierte in den 1930er Jahren mehrere Abwehrstreiks in der Metall-, Maschinen- und Textilindustrie. Umfassende, am Taylorismus orientierte Rationalisierungsmassnahmen wurden erst im Arbeitsfrieden der Nachkriegszeit möglich.

Quellen und Literatur

  • R. Jaun, Management und Arbeiterschaft, 1986
  • M. Leimgruber, Taylorisme et management en Suisse romande: (1917-1950), 2001
Weblinks

Zitiervorschlag

Andreas Fasel: "Taylorismus", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.08.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013883/2012-08-14/, konsultiert am 28.03.2024.