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Conrad FerdinandMeyer

Conrad Ferdinand Meyer in seinem Arbeitszimmer in Kilchberg (ZH). Fotografiert von Rudolf Ganz am 3. Oktober 1895 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Conrad Ferdinand Meyer in seinem Arbeitszimmer in Kilchberg (ZH). Fotografiert von Rudolf Ganz am 3. Oktober 1895 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

11.10.1825 Unterstrass (heute Gemeinde Zürich), 28.11.1898 Kilchberg (ZH), reformiert, von Zürich. Sohn des Ferdinand (->). 1875 Louise Ziegler, Tochter des Paul Karl Eduard Ziegler. Conrad Ferdinand Meyer, der stets am Zürichsee wohnte, ab 1877 in Kilchberg, verbrachte seine Jugend nach dem Tod des Vaters 1840 in depressiver Zurückgezogenheit. Die durch die evangelische Erweckungsbewegung geprägte Mutter verwarf seine künstlerischen Bestrebungen. Durch Vermittlung seines väterlichen Freundes Louis Vuillemin begann er seine schriftstellerische Laufbahn als Übersetzer von Werken französischer Historiker. Nach dem als Befreiung wirkenden Freitod der Mutter (1856) beschloss er 1860, Dichter zu werden. Durch eine Erbschaft unabhängig geworden, unternahm er 1857 Bildungsreisen nach Paris und München, 1858 mit der Schwester Betsy (->) nach Rom, Florenz, Turin und 1871-1872 nach Oberitalien, vor allem Venedig. Ab 1857 hielten sich die Geschwister fast alljährlich längere Zeit in den Bergen der Innerschweiz, dann Graubündens auf. Seine Schwester war seine Sekretärin, bis mindestens 1879 auch Mitautorin von Werken Meyers.

1864 und 1869 erschienen zwei Gedichtsammlungen, erfolgreich war jedoch erst der auf die Reichsgründung beziehbare Gedichtzyklus «Huttens letzte Tage» (1871). Meyers «Gedichte» (1882-1892), in fünf Auflagen stark umgearbeitet, zeigen die Wendung von liedhafter bzw. erzählender zu prägnant lyrischer Poesie. Alle Novellen Meyers bearbeiten historische Stoffe. Sie entwickeln eine Erzählweise, die, Verfahren des 20. Jahrhunderts vorwegnehmend, selbstverständliche Wertsysteme des Realismus in Frage stellt: Sie meidet psychologische Analyse, spart die Beweggründe der Figuren aus, lässt diese von gegensätzlichen Standpunkten beurteilen (z.B. «Jürg Jenatsch» 1876) und setzt in der von Meyer bevorzugten Form der Rahmenerzählung einen parteilichen (»Das Leiden eines Knaben» 1883), zudem inkompetenten Erzähler ein (»Der Heilige» 1879) oder einen, der sich des Urteils enthält (»Die Hochzeit des Mönchs» 1884). Nach weiteren Werken, unter anderem «Das Amulet» (1873), «Der Schuss von der Kanzel» (1877), «Die Richterin» (1885), «Die Versuchung des Pescara» (1887), «Angela Borgia» (1891) lähmte der Ausbruch einer Geisteskrankheit seine Schaffenskraft. Wie Jeremias Gotthelf und Gottfried Keller fand Meyer zuerst in Deutschland literarische Anerkennung. Er wurde auf reformierter wie protestantischer Seite als religiöser Dichter, auf katholischer Seite weithin als polemischer Streiter im Kulturkampf missverstanden. 1880 Dr. h.c. der Universität Zürich. 1888 Maximiliansorden.

Quellen und Literatur

  • Briefe Conrad Ferdinand Meyers, 2 Bde., 1908
  • Sämtl. Werke, Hist.-krit. Ausg., hg. von H. Zeller, A. Zäch, 15 Bde., 1958-96
  • Sämtl. Werke, [Studienausgabe], hg. von H. Zeller, A. Zäch, 7 Bde., 1961-97
  • C. F. Meyers Briefwechsel, Hist.-krit. Ausg., hg. von H. Zeller, 1998-
  • Teilnachlässe in: ZBZ; Ortsmuseum Kilchberg; Bibliotheca Bodmeriana, Cologny
  • A. Frey, Conrad Ferdinand Meyer, 1900 (41925)
  • U.H. Gerlach, Conrad Ferdinand Meyer Bibl., 1994
  • Conrad Ferdinand Meyer, 1825-1898, hg. von H. Wysling, E. Lott-Büttiker, 1998
  • H. Zeller, R. Zeller, «"Das wirklich bestehende Verhältnis eines Dichters zu seinem Verleger"», in Geehrter Herr – lieber Freund, hg. von R. Luck, 1998, 147-168
Weblinks
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Kurzinformationen
Lebensdaten ∗︎ 11.10.1825 ✝︎ 28.11.1898

Zitiervorschlag

Hans Zeller: "Meyer, Conrad Ferdinand", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.11.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012110/2009-11-05/, konsultiert am 28.03.2024.