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Zisterzienser

Hochmittelalterlicher benediktinischer Reformorden, benannt nach dem 1098 gegründeten Kloster Cîteaux im Burgund. Der Orden fusste auf einem neuen religiösen Armutsbegriff, der die Mönche zur Flucht in die Einsamkeit trieb, wo sie in strenger Armut von ihrer Hände Arbeit lebten (Mönchtum). Die Zisterzienser hoben sich dadurch scharf ab vom reich und mächtig gewordenen cluniazensischen Mönchtum. Die Ordensgesetzgebung bildete sich auf der Grundlage der Benediktsregel (Benediktiner) in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts aus (Charta caritatis). Die einzelnen Abteien standen in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander; der Abt der Mutterabtei führte jährlich Visitationen der Tochtergründungen durch. Die Ordensverfassung wurde ergänzt durch das genossenschaftliche Prinzip des alljährlich in Cîteaux tagenden Generalkapitels aller Äbte.

Der Orden erfuhr vor allem durch das Wirken Bernhards von Clairvaux eine rasche Ausbreitung. Wohl unter dessen Einfluss gründeten Adelige und Bischöfe in der burgundischen Schweiz schon früh die Zisterzienserabteien Bonmont (1110-1120), Montheron (1126-1134), Hauterive (1132-1137), Frienisberg (1131-1138) und Hautcrêt (1134-1143). Über den Aaregrenzraum drang die Bewegung mit zeitlicher Verzögerung in die alemannische Schweiz ein, wo die Klöster Kappel (1185), St. Urban (1194) und Wettingen (1227) entstanden.

Das 1194 gegründete Kloster St. Urban auf einem Gemälde eines unbekannten Künstlers von 1676, vor den Umbauten in der Barockzeit (Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Luzern).
Das 1194 gegründete Kloster St. Urban auf einem Gemälde eines unbekannten Künstlers von 1676, vor den Umbauten in der Barockzeit (Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Luzern).

Die religiöse Frauenbewegung des Hochmittelalters erfasste auch den Zisterzienserorden. Im 12. Jahrhundert wurden weibliche Konvente in der Regel jurisdiktionell nicht in den Ordensverband aufgenommen. Die Zurückhaltung der Zisterzienser gegenüber Frauen war durch wirtschaftliche Faktoren bestimmt, entsprach aber auch einer frauenfeindlichen Grundhaltung. Im 13. Jahrhundert lockerte der Orden unter dem Druck der Frauenbewegung, der konkurrierenden Bettelorden und der Gründungswelle von zisterziensischen Frauenklöstern seine Zurückhaltung. Die erste Gründung erfolgte 1234-1235 mit Olsberg; in den 1240er Jahren entstanden die Klöster Frauenthal (1240-1245), Magdenau (1244-1250), Rathausen (1245-1261), Fraubrunnen (1246-1250) und Tänikon (1249-1266). Zahlreiche weitere Gründungen folgten von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis um 1450. Die einem Vaterabt unterstehenden Frauenklöster waren an strenge Klausur gebunden und konnten nur begrenzt wirtschaftlich selbstständig werden.

Begünstigt durch den allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung des Hochmittelalters blühten die Männerklöster auf; die Zisterzienser errichteten ein eigenwirtschaftliches System mit jeweils fünf bis fünfzehn Gutshöfen (Grangie), die vor allem von Bauernsöhnen, die Laienbrüder waren (sogenannten Konversen), grossräumig, lagespezifisch – Ackerbau im Mittelland, Weinbau an den Seen, Viehzucht im Voralpenraum – und mit fortschrittlichen Methoden betrieben wurden. Überschüsse aus der landwirtschaftlichen Produktion und handwerkliche Erzeugnisse wurden auf den städtischen Märkten abgesetzt. Die Zisterzienser beteiligten sich auch an Handel (Salz, Wein) und Geldwirtschaft.

Ab dem 14. Jahrhundert wirkte sich der wirtschaftliche Wandel im Rückgang von Eigenwirtschaft und Konversenzahl aus. Die Zisterzienser näherten sich in Spiritualität und Askese den anderen Mönchsorden an. Die regionalen Vernetzungen (u.a. Verburgrechtungen mit eidgenössischen Orten, kulturelle Präsenz in den Städten, z.B. Kappelerhof in Zürich) wurden wichtiger als die ursprünglich vertikale Einordnung in den Ordensverband, der durch ein Filiationssystem und das jährlich in Cîteaux tagende Generalkapitel strukturiert war. In der Reformationszeit gingen fünf Männer- und acht Frauenklöster ein.

Die verbliebenen Männerabteien erlebten im Barock eine neue Blütezeit, die sich in reger Bautätigkeit, der Errichtung von Bibliotheken und Schulen, hochstehendem Buchdruck, der Pflege von Wissenschaft und Musik (Wettingen, St. Urban), der Einführung industrieller Betriebe (Lützel im Jura) und der Beteiligung an den Agrarmodernisierungen des 18. Jahrhunderts (St. Urban) niederschlug. Im 19. Jahrhundert wurden die letzten Zisterzienserklöster aufgehoben. Zwei davon leben nach einem Unterbruch weiter: Wettingen seit 1854 in Mehrerau bei Bregenz und Hauterive, das 1939 von Mehrerau aus wieder besiedelt wurde. 1979 wurde ein vietnamesisches Zisterzienserkloster in Orsonnens gegründet.

Von den Frauenklöstern bestehen deren sechs noch heute am ursprünglichen Ort. Rathausen siedelte nach der Aufhebung 1848 nach Thyrnau bei Passau über, die Thurgauer Konvente Tänikon, Feldbach und Kalchrain konstituierten sich nach ihrer Aufhebung 1848 in Gwiggen (Vorarlberg) zu einem neuen Konvent (Mariastern-Gwiggen).

Quellen und Literatur

  • HS III/3
  • Zisterzienserbauten in der Schweiz, 2 Bde., 1990
  • U.M. Zahnd, «Zur Wirtschaftsordnung hochma. Zisterzienserklöster im oberdt. und schweiz. Raum», in SZG 40, 1990, 55-66
  • LexMA 9, 632-650
  • Le cartulaire de l'abbaye cistercienne de Hautcrêt (fin XIIe siècle), hg. von A. Pahud et al., 2001
  • E. Tremp, Mönche als Pioniere, 22002
  • J. Eberle, Ma. Zisterzienserklöster in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 2011
Weblinks

Zitiervorschlag

Ernst Tremp: "Zisterzienser", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.05.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011712/2015-05-19/, konsultiert am 28.03.2024.