de fr it

Ordensfrauen

Die religiösen Frauengemeinschaften der Nonnen, Monialen oder Ordensfrauen mit feierlichen Gelübden, Klausur und Verpflichtung zum kirchlichen Stundengebet (Chordienst, Offizium) werden im Folgenden in ihrer Entwicklung beschrieben.

Frühe Gründungen von Frauenkonventen bis 1230

Die ersten Frauenklöster wurden im 8. Jahrhundert in den rätischen und alemannischen Landesteilen der Schweiz gegründet (um 700 Cazis, um 740 Lützelau, vor 806 Mistail). Diese richteten sich wie die Männerklöster (Mönchtum) nach mehreren monastischen Traditionen aus. Von den beiden im 9. Jahrhundert errichteten Frauenklöstern Schänis (zwischen 814 und 823) und Fraumünster (853) folgte das Zürcher Stadtkloster von Anfang an der Benediktinerregel. Die von der gregorianischen Kirchenreform beeinflussten Benediktinerklöster schufen ab Ende des 11. Jahrhunderts Frauenkonvente, die mit den Männergemeinschaften Doppelklöster bildeten (u.a. 1082 Muri, zwischen 1143 und 1178 Engelberg). Die Äbte waren in geistlichen und weltlichen Belangen auch Obere der klausurierten Nonnengemeinschaften, deren Dotation als Eigentum der Männerklöster konstituiert war. Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts differenzierte sich das Ordenswesen in der Schweiz. Neben die Benediktiner traten Klöster nach der Augustinerregel (Augustiner Chorherren). Einige waren, wie zum Beispiel Interlaken, ebenfalls Doppelklöster. Dazu kamen die neuen Orden der Prämonstratenser und der Zisterzienser, die sich beide an der Gründung und Organisation von Frauenklöstern beteiligten. Bis 1230 entstanden in der Schweiz – nebst 150 Männerklöstern – 28 Frauenkonvente, von denen sich die Mehrzahl dauerhaft etablieren konnte.

Von 1230 bis zur Reformation

Um 1230 setzte im Zusammenhang mit der sogenannten religiösen Frauenbewegung eine stürmische Entwicklung ein. Bis 1300 hatten sich, nach Umformungen, Ortswechseln und Zusammenlegungen, insgesamt 51 Frauenkonvente herausgebildet, nämlich 40 Nonnenklöster und 11 Beginensamnungen (Beginen). Die Frauenkonvente suchten rechtliche Verbindung zu den Zisterziensern und den neuen Orden der Dominikaner und Franziskaner (Franziskusorden). Nach langwierigen Kämpfen um die Regelung von Jurisdiktion und Betreuung in geistlichen und weltlichen Belangen erhielten 32 Frauenkonvente durch Inkorporation jurisdiktionellen Anschluss an einen der Orden, acht Gemeinschaften verblieben unter der Aufsicht der Bischöfe, die Ordensleute mit der Visitation beauftragten. Bedingung für die Ordensanbindung war die Einhaltung der strengen Klausur durch die Nonnen, was ein gewisses Vermögen der Konvente voraussetzte. Nach diesem Prinzip organisierten die monastischen Zisterzienser sowie die Predigtorden der Dominikaner und Franziskaner, so verschieden ihre Ordensprogramme auch waren, ihre Frauenklöster auf die gleiche Weise. Es entstanden 17 zisterziensische, 15 dominikanische und drei franziskanische Konvente (Klarissen). Zu den frühesten gehörten 1233 Töss, 1240-1244 Frauenthal und 1253 respektive 57 Paradies.

Im 14. Jahrhundert wurden in der Eidgenossenschaft noch zahlreiche Beginengemeinschaften, aber nur noch wenige Frauenklöster gegründet. Das bedeutendste war das Klarissenkloster Königsfelden (1309). Auch im 15. Jahrhundert entstanden nur noch einzelne Nonnenkonvente, darunter das erste im Tessin (1490 Claro). In die konfliktreichen Auseinandersetzungen um Kloster- und Ordensreformen des Spätmittelalters waren die Frauenklöster einbezogen. Ein Hauptziel der Reformer war die korrekte Befolgung der Klausur, die sich nicht immer durchsetzen liess. In der Westschweiz entstanden nach der Reform der Colette von Corbie die Klarissenklöster Vevey (1422/1424), Orbe (1426/1430) und Genf (1474). Mit der Reformation hoben die Räte der reformierten Orte die Klöster auf (Säkularisation). In den katholisch gebliebenen und paritätischen Gebieten überlebten 28 Frauenklöster, oft in schlechter wirtschaftlicher und disziplinärer Verfassung.

Frühe Neuzeit

In der Gegenreformation und katholischen Reform wurden die noch bestehenden Frauenklöster mit tatkräftiger Hilfe der weltlichen Obrigkeit saniert, und wo die Voraussetzungen gegeben waren, aufgehobene wieder eingerichtet. Dabei wurden Konvente zusammengelegt und neu reguliert (1549 Benediktinerinnen Münsterlingen, 1588 Zisterzienserinnen Eschenbach, 1647 Dominikanerinnen Cazis). Unter Anleitung der Kapuziner entstanden von 1591 bis 1614 vor allem durch Umwandlung franziskanisch orientierter Beginenhäuser (Terziarinnen) 14 neue Frauenklöster (Kapuzinerinnen). Entscheidend für die Reform der Frauenklöster nach den Dekreten des Konzils von Trient (1545-1563) war – wie in früheren Jahrhunderten – die Einführung der strengen Klausur, wobei die Päpste das bestehende Klausurgesetz verschärften (päpstliche Klausur).

Das 17. Jahrhundert war erfüllt vom Kampf für und gegen die Klausur. Die Nuntien bestanden strikt auf ihr, die Frauenklöster wehrten sich dagegen, sei es weil ihre Armut die Einschliessung nicht erlaubte, sei es weil die Wirtschaft sich von klausurierten Nonnen nicht führen liess. Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wurde die Klausur den besonderen Gegebenheiten der Frauenklöster angepasst (funktionelle Klausur). So begrenzt der Erfolg der strikten Klausurforderung auch war, so veränderte sie die Frauenklöster doch völlig. Die Gebäude wurden klausurgerecht erweitert und umgestaltet, Wohnungen für Laienschwestern, Beichtvater und Gäste von den Konventsbauten abgetrennt, Klausurmauern errichtet oder Kirchen umgebaut. Die Mitgliederzahl der neu geordneten Konvente, deren vornehmste Aufgabe das Chorgebet war, stieg durch den Eintritt zahlreicher Töchter aus Patriziat und Beamtenschaft an. Wie einst im 13. Jahrhundert erwies sich die Klausurforderung indirekt als Mittel, Frauenklöster in ein gehobenes soziales Umfeld einzupflanzen. Durch neue und wiederbelebte Frömmigkeitsformen (Katakombenheilige, Wallfahrten, Bruderschaften, Ewige Anbetung) förderten auch Frauenklöster die katholische Reform. Die klosterfeindliche Verfassung der Helvetik (1798-1803) betraf Männer- und Frauenklöster. Sie wurde durch die Mediationsakte Napoleons zwar rückgängig gemacht, doch sicherten sich die Kantone gegenüber den Klöstern wichtige Mitspracherechte.

19. und 20. Jahrhundert

Gründonnerstag im Freiburger Kapuzinerinnenkloster Montorge. Fotografie von Jean-Claude Gadmer, um 1990 © Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg, Sammlung CIRIC.
Gründonnerstag im Freiburger Kapuzinerinnenkloster Montorge. Fotografie von Jean-Claude Gadmer, um 1990 © Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg, Sammlung CIRIC. […]

Anzahl und rechtliche Stellung der Frauenklöster veränderten sich im 19. und 20. Jahrhundert nochmals grundlegend. In den Kantonen mit radikal-liberalen Regierungen wurden sie wie die Männerklöster aufgehoben (u.a. 1811 Schänis, 1834 St. Wiborada in St. Gallen, 1836 Paradies). Im Kanton Aargau wurden die vier Frauenklöster vorübergehend wiederhergestellt (Aargauer Klosterstreit). Die Bundesverfassung von 1874 verbot die Gründung neuer oder die Wiederherstellung aufgehobener Klöster (Ausnahmeartikel, 1973 aufgehoben). Inzwischen hatten sich neuartige Gemeinschaften von Ordensfrauen gebildet, die Aufgaben in Mädchenerziehung, Kranken- und Armenpflege übernahmen. Sie befolgten wie die Schwestern der Kongregationen eine weniger strenge Klausur und legten statt feierlicher einfache Gelübde ab (u.a. 1857 Maria Rickenbach, 1866 Melchtal). Aber auch klausurierte Frauenklöster waren gezwungen, ihren Fortbestand durch die Übernahme von sozialen Verpflichtungen zu sichern, wozu die Klausur teilweise gelockert wurde. Dadurch entstanden Mischformen von Ordensfrauenkonventen. Ihr ungewisser Status zwischen Nonnen- und Schwesternkloster wurde mit Hilfe des «Corpus Iuris Canonici» (CIC) 1917 teilweise geklärt. Nach Anpassungen an die Moderne durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965, Vatikanische Konzile) stellte das CIC 1983 Orden und Kongregationen als «Institute des geweihten Lebens» rechtlich einander gleich und gab damit auch geschlossenen Frauenklöstern und solchen mit sozialen Aufgaben den gleichen rechtlichen Status. Geblieben ist die unterschiedliche Ausrichtung der beiden Arten von Ordensfrauenkonventen, der geschlossenen auf das kirchliche Stundengebet, der eher offenen auf soziale Aufgaben, verbunden mit Gebetsdienst. Die Klausur wurde mit den Zielsetzungen der Konvente in Einklang gebracht (päpstliche oder konstitutionelle Klausur). Seit Ende des 20. Jahrhunderts stehen die Frauenklöster vermehrt für Laien als Rückzugsort und zur Teilnahme am religiösen Leben offen. Dem immer schärfer zu Tage tretenden Nachwuchsmangel begegnen sie durch Bildung von Konföderationen, die gegenseitige Aushilfe ermöglichen.

Quellen und Literatur

  • HS I/1-6; III/1 (Benediktinerinnen); III/3 (Zisterzienserinnen); IV/2 (Augustiner-Chorfrauen); IV/3 (Prämonstratenserinnen); IV/5 (Dominikanerinnen); IV/6 (Augustinerinnen); V/1 (Klarissen); V/2 (Kapuzinerinnen); IX/2 (Beginen); X (Register)
  • Frauenklöster in der Schweiz, 1984
  • TRE 25, 315-330
  • A. Gerhards, Dictionnaire historique des ordres religieux, 1998, 397-402
  • Benediktin. Gemeinschaften in der Schweiz, 2002
Weblinks

Zitiervorschlag

Brigitte Degler-Spengler: "Ordensfrauen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.10.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011525/2011-10-13/, konsultiert am 28.03.2024.