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EinsiedelnBenediktinerabtei

Männerkloster in der politischen Gemeinde Einsiedeln (SZ). Das 934 gegründete Kloster gehörte ursprünglich zur Diözese Konstanz, kam 1819 provisorisch, 1824 definitiv zur Diözese Chur und ist seit 1907 abbatia nullius (papstunmittelbare Abtei). 947 Mehinratescella, 961 Eberhartescella, 1073 Einsidelen, 1433 monasterium Beatae Mariae loci Heremitarum. Patrone: Maria und Mauritius, Meinrad.

"Ware Contrafactur des wytberümpten Fläckens Einsidlen mit Sampt der gelägenheyt [...]". Fragment eines kolorierten Holzschnitts, Anfang 16. Jahrhundert (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
"Ware Contrafactur des wytberümpten Fläckens Einsidlen mit Sampt der gelägenheyt [...]". Fragment eines kolorierten Holzschnitts, Anfang 16. Jahrhundert (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

Monastisches Leben

Anfang des 10. Jahrhunderts erneuerte Benno, Strassburger Domherr aus einem schwäbischen Adelsgeschlecht, mit Gleichgesinnten die Einsiedelei des heiligen Meinrad im Finstern Wald und plante die Errichtung eines Klosters. Ausgeführt wurde das Vorhaben von seinem Verwandten Eberhard, Dompropst von Strassburg, der 934 eine Klostergemeinschaft nach der Benediktregel gründete. Zwei Voraussetzungen gaben der jungen Klostergemeinschaft gute Lebenschancen: die spirituelle Hilfe durch das Kloster St. Gallen (Reliquien, Kirchengesang) sowie die materielle und rechtliche Unterstützung durch Herzog Hermann von Schwaben und Otto I. (den Grossen). Die nach legendarischer Überlieferung dem Kloster um 949 geschenkte Mönchssiedlung St. Gerold wird erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts als Einsiedeln zugehörige Propstei fassbar. Abt Gregor (964-996) und der zeitweise in Einsiedeln weilende heilige Wolfgang förderten das regelkonforme Leben und stärkten die religiöse Ausstrahlung des Klosters. Ehemalige Einsiedler Konventualen finden sich zur Zeit Abt Gregors und seines Nachfolgers Hermann als Reformäbte in zahlreichen Klöstern (z.B. Disentis, Hirsau, Tegernsee) und auch als Bischöfe (Chur, Como). Namentlich im Elsass und in Schwaben unterstützte Einsiedeln im 10. und 11. Jahrhundert beispielhaft die von Cluny ausgehende Klosterreform. Während des Investiturstreits traten diese klosterübergreifenden Reformbemühungen in den Hintergrund. Die Abtei entzog sich einer Verstrickung in den politischen Machtkampf, und die Mönche verpflichteten sich dem monastischen Ideal der Weltabkehr. Eine erste kulturelle Hochblüte entsprang dieser Zurückgezogenheit. Äussere Konflikte und vor allem die Gewohnheit, nur noch Söhne des Adels ins Kloster aufzunehmen, belasteten im Spätmittelalter die Spiritualität und zogen einen rapiden Rückgang der Zahl der Konventualen nach sich.

Der desolate Zustand des Klosters am Vorabend der Reformation führte beinahe zur Aufhebung der Abtei. 1513 zählte die Gemeinschaft noch zwei Mitglieder: Der Pfleger des Klosters, Diebold von Geroldseck, trat unter dem reformatorischen Einfluss des Einsiedler Leutpriesters Huldrych Zwingli zurück; der greise Abt Konrad von Rechberg resignierte 1526 zuhanden der Schwyzer Schirmherren. Landammann und Rat von Schwyz setzten Ludwig Blarer, zuvor Dekan des Klosters St. Gallen, als Abt ein. Die Aufnahme von Konventualen war künftig nicht mehr an die adlige Herkunft geknüpft. Blarers Nachfolger, Abt Joachim Eichhorn (1544-1569), löste durch sein vorbildhaftes religiöses Leben und seine treffliche Führung der Klostergemeinschaft eine innere (Gottesdienste, regelkonforme Lebensweise) und äussere (Verwaltung, Neubauten) Erneuerung der Abtei aus. Die katholische Geistlichkeit der Schweiz wählte ihn 1562 zu ihrem Vertreter am Konzil von Trient. Für die Durchsetzung der tridentinischen Reformbeschlüsse machten sich auch in Einsiedeln der Mailänder Erzbischof Karl Borromäus und der Nuntius Giovanni Francesco Bonomi verdient. Nach einem kurzen Einbruch (Brand 1577, Suspension von Abt Adam Heer) nahm dieser Prozess der inneren Reife und Festigung seinen Fortgang. Die Konsolidierung des Klosters und das damit verbundene neue Ansehen im In- und Ausland war auch hervorragenden Äbten des 17. Jahrhunderts zu danken, unter anderen Augustin Hofmann und Augustin Reding. Einen ersten Niederschlag fand die wiedergewonnene Durchsetzungskraft der Abtei in der von Einsiedeln geförderten Gründung der Schweizerischen Benediktinerkongregation (1602) und in der führenden Rolle, die Einsiedeln in dieser (trotz grundsätzlicher Autonomie der angeschlossenen Klöster) unstreitig innehatte. So entfaltete sich Einsiedeln zur nach St. Gallen bedeutendsten Benediktinerabtei der Schweiz. In der barocken Blütezeit gründete die hohe Ausstrahlung nicht nur in der Prachtentfaltung der Klosterbauten, in den herausragenden Leistungen in Bildung, Wissenschaft und Kultur, sondern auch im monastischen Leben – das sich durch innere Geschlossenheit, eine asketische Gesinnung und tiefe Religiosität auszeichnete – sowie in der seelsorgerlichen Tätigkeit (Wallfahrten, Pfarreien). Die Wirren der Helvetischen Revolution setzten dem Stift arg zu. Als einziges schweizerisches Kloster wurde Einsiedeln 1798 aufgehoben. Doch schon wenige Jahre später kehrten die ersten Mönche zurück, und die Mediationsakte von 1803 beschloss die Restituierung. Von den 1820er Jahren bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus wuchs die Klostergemeinschaft (2004 61 Patres, 21 Brüder, 3 Novizen). Zeugen dieser Entwicklung sind auch zahlreiche Klostergründungen in den USA (u.a. 1852 St. Meinrad in Indiana) und Argentinien.

Rechts- und Besitzverhältnisse

Hermann von Schwaben hatte das Kloster als Eigenkloster gegründet. Auf seine Bitte verlieh Otto I. 947 der klösterlichen Gemeinschaft das Recht der freien Abtwahl und die Reichsunmittelbarkeit. Wohl gleichzeitig (erstmals 1274 nachweisbar) erhielten die Äbte die Reichsfürstenwürde. Sie zeigten bis ins 18. Jahrhundert ihr materielles Interesse an diesem 1803 aufgehobenen Titel. Die begehrte Klostervogtei hatten nacheinander die Herzöge von Schwaben, die Nellenburger, die Edlen von Uster, die Herren von Alt-Rapperswil, die Habsburger und nach 1424 die Schwyzer inne. Die Beziehungen zu Schwyz prägte während rund zweier Jahrhunderte der Marchenstreit. Mit einem Schiedsspruch des Grafen Rudolf II. (des Alten) von Habsburg waren starke Gebietsverluste an die Schwyzer verbunden (1217). Um die von Schwyzer und Einsiedler Bauern gemeinsam und intensiv genutzte Zone brach um 1300 erneut Streit aus. Der Konflikt gipfelte im Überfall auf das Kloster in der Dreikönigsnacht 1314. Ein Zusammenhang dieser Auseinandersetzungen mit dem Morgartenkrieg (1315) ist anzunehmen. 1350 wurde der Grenzverlauf in einem Friedensvertrag genau festgelegt: Das Kloster verlor mehr als die Hälfte seines Besitzes um Einsiedeln; das dem Stift verbliebene Gebiet entspricht etwa dem heutigen Bezirk Einsiedeln. Da sich der Schwyzer Vogt nach 1424 immer wieder in die inneren Angelegenheiten das Klosters einmischte, blieben die Beziehungen bis ins 17. Jahrhundert gespannt. Für die Eigenleute des Klosters lag die niedere Gerichtsbarkeit beim Stift, die höhere beim Klostervogt. Zwischen den erstmals 1399 erwähnten sogenannten Drei Teilen – Abt, Vogt und Waldleute – blieben zwar Friktionen nicht aus (Allmendnutzung, Gewerbeordnungen, Einsiedlerhandel 1764-1767); der Abt bewies jedoch in Notzeiten (z.B. Hungerjahre 1770-1771, 1846) auch seine soziale Verantwortung.

Im Verhältnis zum Bischof von Konstanz dominierte die Frage der Exemtion, die Einsiedeln 1452 erstmals auf 15 Jahre gewährt wurde. Später verzichtete das Kloster darauf, erhielt sie jedoch 1512 wiederum auf 15 Jahre und 1518 schliesslich unbefristet zurück. Die Bemühungen, den Abt von Einsiedeln Anfang des 17. Jahrhunderts zum Bischof der Innerschweiz zu erheben, wurden vom Konstanzer Bischof vereitelt. Als nach der Abtrennung der schweizerischen Gebiete von Konstanz die Bistumsfrage erneut aufgeworfen wurde, konnte sich Einsiedeln dafür nicht mehr erwärmen. Der Papst erhob das Kloster 1907 zur abbatia nullius (1947 bestätigt). Heute ist Einsiedeln abbatia territorialis (Gebietsabtei) und gehört keiner Diözese an. Dem Abt, Mitglied der Schweizerischen Bischofskonferenz, obliegt gegenüber der Ordensgemeinschaft die bischöfliche Jurisdiktions-, nicht aber die Weihegewalt.

Plakat von Melchior Annen (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat von Melchior Annen (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Die wirtschaftlichen Grundlagen des Klosters schafften Schenkungen und Stiftungen des schwäbischen Herzogshauses und der Ottonen im 10. Jahrhundert, in den folgenden zwei Jahrhunderten ergänzt durch Güterschenkungen regionaler Hochadliger (u.a. Nellenburger, Freiherren von Wolhusen [?], Regensberger). Der älteste Besitz lag vor allem am Zürichsee: die Insel Ufenau, die Höfe Pfäffikon und Wollerau (965), Güter in Stäfa und Männedorf (959), Meilen und Uerikon (965). Dazu kamen entferntere Güter, etwa im St. Galler Rheintal, Elsass, Breisgau und Vorarlberg. Das eigentliche Klostergebiet (Einzugsgebiet der Flüsse Alp, Sihl und Biber) schenkte Kaiser Heinrich II. 1018 dem Stift. Streubesitz verteilte sich auch auf die Kantone Aargau, Zug, Schwyz, Luzern, Bern und Solothurn. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Strukturen der klösterlichen Grundherrschaft sind für das Hochmittelalter nur dürftig rekonstruierbar und erst ab dem ausgehenden 13. Jahrhundert fassbarer. Hofoffnungen schrieben das Gewohnheitsrecht in den Beziehungen zwischen Einsiedeln und seinen Gotteshausleuten fest. Da die rechtliche Gewalt über die Hofleute unterschiedlich, im Ganzen aber eher gering war, konzentrierte sich das Kloster mehr und mehr auf den wirtschaftlichen Ertrag seines Gebiets. Eine eigentliche Nutzungsstrategie ist vor dem 13. Jahrhundert nicht belegbar und auch nicht anzunehmen. Eine erste Güteraufzeichnung erfolgte um 1220 (Abt Konrad von Thun). Unter Abt Anselm von Schwanden (1233-1266) wurden zur Verbesserung der Güterverwaltung der Turm in Pfäffikon und der Einsiedlerhof beim Fraumünster in Zürich gebaut. Mit Zürich stand Einsiedeln vom 13. Jahrhundert an in einem Burgrecht, das aus politischen Gründen allerdings zeitweise gelockert werden musste. Abt Johannes von Hasenburg veranlasste die erste Gesamtaufzeichnung fast aller Güter (sogenanntes Grosses Urbar von 1331). In der Bildung von Ämtern und im Einsatz absetzbarer Ammänner (älter war ein erbliches Meieramt) widerspiegelt sich die ertragsorientierte Güternutzung. Die Naturalabgaben der Gotteshausleute dokumentieren eine vielfältige landwirtschaftliche Produktion. Die im Spätmittelalter zunehmende Bedeutung der Viehwirtschaft zeichnet sich an der Entstehung sogenannter Schweigen ab: Auf Eigenland des Klosters oder auf ehemaligem Allmendgebiet wurden eigentliche Viehhöfe errichtet oder vielleicht (bis ins 15. Jahrhundert nicht klar unterscheidbar) lediglich Weideland mit Hütten und Ställen versehen. Die Reformation brachte keine Besitzverluste. Im 17. Jahrhundert erwarb Einsiedeln Herrschaftsrechte im Thurgau (Freudenfels, Gachnang und Sonnenberg). Nach der Helvetik wurde der Grundbesitz zwar zurückgegeben; die Zehntablösungen verursachten jedoch Einkommensverluste. Eine Mitverpflichtung zur Tilgung der Sonderbundskriegsschulden zwang zum Verkauf von Gachnang. Der heutige Landbesitz ist grösstenteils verpachtet oder wird von den Propsteien St. Gerold (Vorarlberg) und Fahr sowie von den Statthaltereien verwaltet. Namentlich die Bewirtschaftung des Waldes und die traditionelle Pferdezucht (erst nach 1200 eindeutiger nachweisbar) liegen in den Händen des Klosters.

Seelsorge und Wallfahrten

Im Raum Einsiedeln oblag die Seelsorge von Anfang an dem Kloster. Um 1200 entstand die Pfarrei Einsiedeln; die entfernteren Regionen wurden noch während Jahrhunderten vom Stift aus betreut. Kloster und Bezirk Einsiedeln schlossen 1973 einen Pastorationsvertrag. Bis heute ist auch die Seelsorge in Freienbach und Pfäffikon, in Feusisberg, Eschenz sowie in drei Vorarlberger Pfarreien Einsiedler Patres anvertraut. Seelsorgerliche Verpflichtungen bestehen zudem gegenüber Benediktinerinnenklöstern (u.a. Fahr, Seedorf, In der Au). Marienwallfahrten sind seit dem 14. Jahrhundert nachgewiesen. Das Gnadenbild (heute eine spätgotische Darstellung der Muttergottes mit Kind aus der Mitte des 15. Jahrhunderts) rückte allmählich in den Mittelpunkt der Verehrung. Nach einem kurzen Einbruch während der Reformation blühte das Pilgerwesen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erneut auf. Einsiedeln wurde zum religiösen Mittelpunkt der katholischen Eidgenossenschaft und Zielort zahlreicher Standeswallfahrten. Im 18. Jahrhundert nahm der Pilgerstrom bis unmittelbar vor der Helvetischen Revolution stetig zu. Grosse Standeswallfahrten fanden auch vor dem Ausbruch des Sonderbundskrieges statt. Nach dem Bau der Bahnverbindungen Wädenswil-Einsiedeln und Rapperswil-Goldau brachten Pilgerzüge Wallfahrer in grosser Zahl nach Einsiedeln. Erstmals seit der Reformation kam 1889 auch eine Zürcher Wallfahrt zustande. Heute ist Einsiedeln sowohl national (Landeswallfahrten der Innerschweizer Kantone) wie auch international (Süddeutschland, Elsass, Italien) ein beliebtes Wallfahrtsziel.

Kirchen- und Klosterbau

Eine Doppelkirche (genannt Oberes und Unteres Münster) mit einem Turmpaar in der Mitte beherrschte die mittelalterliche Klosteranlage. Ausgrabungen von 1980-1987 und die damit verbundenen archäologischen und historischen Forschungen machen die folgende Bauetappierung wahrscheinlich: Das älteste Heiligtum an der Stelle der heutigen Gnadenkapelle war als Salvatorkapelle geweiht und ging vermutlich aus der Zelle bzw. Kapelle Meinrads hervor. Die Legende der Engelweihe ist seit der Mitte des 12. Jahrhunderts bezeugt. Als Marienkapelle wird dieses Gotteshaus erstmals 1286 urkundlich erwähnt. Zur Zeit Eberhards entstand – an der Stelle des Oberen Münsters – eine erste Klosterkirche, die 987 vergrössert wurde. Nach einem ersten Klosterbrand (vor 1031) baute Abt Embrich eine dreischiffige Basilika mit einer Krypta. Die Salvatorkapelle befand sich westlich davon in einem Abstand zur Doppelturmfassade, deren Bau vermutlich in die gleiche Zeit fällt. 1226 zerstörte eine neue Brandkatastrophe die Gebäude. Man behob die Schäden an der Klosterkirche unverzüglich und errichtete vier Jahre später über dem ummauerten Hof mit der Kapelle eine zweite Basilika (Unteres Münster). Im Verlauf des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit wurden die Kirchen- und Konventsbauten noch dreimal (1465, 1509, 1577) durch Brandfälle verwüstet. Die barocke Bauperiode begann mit dem Neubau von Chor und Beichtkapelle (Architekt Johann Georg Kuen). 1703 legte Abt Maurus von Roll den Grundstein zur Erneuerung der gesamten Anlage. Nach den Plänen von Caspar Moosbrugger, Laienbruder in Einsiedeln, wurden zunächst die Konventgebäude erstellt; 1719 begann der Bau der Stiftskirche, die 1735 geweiht wurde. Abt Nikolaus Imfeld veranlasste Mitte des 18. Jahrhunderts den Umbau des Chors (neuer Chor hinter dem Hochaltar); gleichzeitig erfolgte die Neugestaltung des Klosterplatzes. Die Gnadenkapelle wurde im 15. Jahrhundert durch Einwölbung und Ummauerung besser gegen Brandfälle geschützt. Im 17. Jahrhundert erhielt die spätgotische Kapelle eine neue Fassade aus schwarzem Marmor. Französische Soldaten rissen in der Revolutionszeit die Gnadenkapelle ab; 1815 begann der Wiederaufbau mit alten Baumaterialien. Die letzte Aussenrenovierung des Klosters wurde 1943-1957 realisiert. Die seit dem 18. Jahrhundert durchgeführten Renovationen von Chor und Kirche beeinträchtigten infolge Anpassungen an den Zeitgeist die ursprüngliche Konzeption erheblich. Mit dem Ziel, den originären Zustand wiederherzustellen, wurde das Gotteshaus zwischen 1975 und 2001 umfassend restauriert (1984 Chor, 1997 Kirchenschiff, 2001 Seitenkapellen). 1998 erfolgte die Restaurierung der Stiftsbibliothek.

Wissenschaft und Kultur

Ein Skriptorium entstand bereits unter den frühesten Äbten (Thietland, Gregor) und wurde wie die Klosterschule vom heiligen Wolfgang aufgebaut. Es erlangte in der Buchkunst (Initial- und Miniaturmalerei) eine erste Hochblüte im 10.-11. Jahrhundert. Eine wohl grosse Zahl von Schreibern schuf namentlich theologische und liturgische Werke sowie Heiligenviten. Das um 960 geschriebene Graduale gilt als die älteste Aufzeichnung der Choralmusik. Die "Annales Einsidlenses", das Kalendar und die "Annales Heremi" (10./11. Jahrhundert) belegen das Interesse an der Geschichtsschreibung. Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts liess die Kraft des Skriptoriums vorübergehend nach. Im späten Mittelalter traten wenige, aber treffliche Einzelleistungen hervor, so die vier Antiphonare unter Abt Johannes von Schwanden (neumierte Choralgesänge, erstmals in der Schweiz auf ein Notensystem übertragen). Mit der neuen Blütezeit des Klosters lebte um 1600 auch die Buchkultur wieder auf. Abt Augustin Hofmann errichtete einen ersten eigenen Bibliotheksbau. Abt Plazidus Reimann richtete 1664 eine Klosterdruckerei ein und liess fünf der insgesamt 14 Bände der "Documenta Archivii Einsidlensis" drucken. Es folgten vor allem theologische, liturgische und historische Werke, etwa die dreizehnbändige "Theologia Scholastica" von Abt Augustin Reding.

Eine Stiftsschule lässt sich ebenfalls bereits im 10. Jahrhundert nachweisen. Ursprünglich für den klösterlichen Nachwuchs gedacht, öffnete sie sich in der Neuzeit auch anderen Studierwilligen. Seit dem 13. Jahrhundert werden auch Nichtkonventualen als Lehrer eingesetzt. Zu den Exponenten von Bildung und Wissenschaft zählen der Bibliothekar und Gelehrte Heinrich von Ligerz sowie der Humanist Albrecht von Bonstetten. Die Aufhebung der Jesuitenschulen gab der Stiftsschule im 19. Jahrhundert neue Impulse. 1872 erhielt das Gymnasium die eidgenössische Anerkennung (Maturitätstypen A und B). Die bestehende Stiftsschule, bis 2002 mit einem Internat, ist regionale Mittelschule (2003 260 Schülerinnen und Schüler). Einsiedeln führt ausserdem eine theologische Lehranstalt. Die 1925 vom Kloster eröffnete Landwirtschaftliche Schule Pfäffikon steht seit 1992 unter kantonaler Leitung. Eine lange Theatertradition besteht im Zusammenhang mit den Wallfahrten (Rosenkranzbruderschaft) und der Stiftsschule. Seit 1924 wird auf dem Klosterplatz in Abständen von etwa fünf Jahren das Grosse Welttheater von Pedro Calderón aufgeführt.

Quellen und Literatur

  • HS III/1, 517-594 (mit ausführl. Bibl.)
  • G. Holzherr, Einsiedeln, Kloster und Kirche Unserer Lieben Frau, 1987
  • H. Böck, Einsiedeln, 1989
  • Einsidlensia 2, 1993
  • Kdm SZ NF 3/1, 2003
Von der Redaktionergänzt
  • Fässler, Thomas: Aufbruch und Widerstand. Das Kloster Einsiedeln im Spannungsfeld von Barock, Aufklärung und Revolution, 2019.
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Albert Hug: "Einsiedeln (Benediktinerabtei)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.10.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011491/2009-10-29/, konsultiert am 19.03.2024.