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Beinwil-Mariastein

Benediktinerabtei in der politischen Gemeinde Metzerlen-Mariastein (seit 1648), Diözese Basel. Um 1100 durch lokalen Adel in Beinwil (SO) gegründet, erste urkundliche Erwähnung 1147. Patrozinien: Alle Heiligen, 1152 St. Vinzenz. Die oft genannten Gründungsdaten 1085 bzw. 1124 sind unhaltbar. Seit 1338 unter der Jurisdiktion des Bischofs von Basel, 1647 bzw. 1653 Beitritt zur Schweizerischen Benediktinerkongregation.

Dem Kloster, dessen erste Mönche mit Abt Esso aus der Reformabtei Hirsau gekommen waren, war vom 12. Jahrhundert bis Mitte des 13. Jahrhunderts ein Frauenkonvent angeschlossen. Es erlebte in der ersten Zeit seines Bestehens eine bemerkenswerte Blüte (Bibliothekskatalog um 1200, Skriptorium). 1194 besass der Konvent an 57 Orten Streugüter (in der Umgebung, im Elsass, im Breisgau und im luzernischen Seetal). Im 13. Jahrhundert setzte ein wirtschaftlicher Niedergang ein. Burgrechtsnahmen in Solothurn und Basel brachten Beinwil-Mariastein in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen diesen Städten und dem Grafen von Thierstein, dem Kastvogt des Klosters. Den endgültigen Zerfall leitete 1445 die Einäscherung durch Peter von Mörsberg ein. Die Kastvogtei ging 1519 nach dem Aussterben der Thiersteiner an Solothurn; gleichzeitig nahm die Stadt einen grossen Teil des klösterlichen Besitzes in Pfandschaft, um damit die Landesherrschaft auszubauen. 1527 starb der letzte Abt, 1555 der letzte Konventuale. In der Folge liess Solothurn die Abtei durch Weltpriester verwalten. 1589 bat Solothurn die Abtei Einsiedeln, das benediktinische Leben in Beinwil zu erneuern. Diese zog sich jedoch 1622 erfolglos zurück. Erst dem Rheinauer Mönch Urs Buri gelang die Heranbildung eines Konvents, der 1633 den Solothurner Stadtbürger Fintan Kieffer zum Abt wählte. Er nahm den schon unter den Einsiedler Administratoren gefassten Plan auf, das Kloster zu verlegen. Im Abtausch gegen Seewen wurde 1636 die Kollatur Mariastein mit Metzerlen und Hofstetten erworben und die ersten Benediktiner zogen dorthin. Neben Seewen gehörten seit dem Mittelalter zu den dem Kloster inkorporierten Pfarreien Erschwil (-Beinwil), Nuglar-St. Pantaleon, Büsserach, Rohr-Breitenbach, Liel (Baden, 1430 verkauft) und Wittnau im Fricktal. 1648 erfolgte die Verlegung des Klosters nach Mariastein. Bereits ein Jahr vorher konnte der Anschluss an die Schweizerische Benediktinerkongregation vollzogen werden, was die Exemtion des Klosters von der bischöflichen Visitation bedeutete.

Ansicht der Abtei Mariastein. Radierung von David Herrliberger nach Emanuel Büchel, publiziert in der Neuen und vollständigen Topographie der Eydgnoßschaft, 1754 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Ansicht der Abtei Mariastein. Radierung von David Herrliberger nach Emanuel Büchel, publiziert in der Neuen und vollständigen Topographie der Eydgnoßschaft, 1754 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

Der Ursprung des Wallfahrtsortes Mariastein (Gemeinde Metzerlen-Mariastein) geht in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. 1434 wird erstmals eine Kapelle "im Stein" erwähnt. Die Legende gibt als Entstehungsgrund der Marienwallfahrt ein Fallwunder (1442 erwähnt) an. 1470 übergab der Basler Bischof die Kapelle den Basler Augustiner Eremiten zur Betreuung. Sie erbauten die Siebenschmerzen- oder Reichensteinische Kapelle. Mit der Verlegung des Klosters Beinwil nach Mariastein erweiterte sich das Einzugsgebiet der Wallfahrt (Elsass und Süddeutschland). Wallfahrt und Kloster blühten auf (1633 7 Professen, 1670 26, 1760 32); im 17./18. Jahrhundert zählte man jährlich bis zu 40'000 Kommunionen. Der Klosternachwuchs rekrutierte sich vorwiegend aus Schülern der eigenen Klosterschule. Die Haupttätigkeit der Mönche bestand in der Betreuung der Pilger und der Seelsorge in den inkorporierten Pfarreien. Nach dem Einmarsch der Franzosen im März 1798 wurde das Kloster aufgehoben. Die vertriebenen Mönche fanden zum Teil in süddeutschen Klöstern Unterschlupf. Teils durch Kauf, teils durch Pacht gelangten die Klostergüter an den Privatmann Philipp Christoph Reibelt. 1802 wurden dessen Rechte durch den Abt finanziell abgegolten. Beinwil-Mariastein fiel wieder an den Abt zurück. Nach Renovationen wurde das Kloster wieder eingerichtet, Wallfahrt und Klosterschule wieder aufgenommen. Der politische Umschwung im Kanton Solothurn von 1830 brachte Beinwil-Mariastein, neben Sondersteuern und Inventarisationen, eine erschwerte Aufnahme von Novizen. Während des Kulturkampfes ergab sich 1874 das Angebot eines Abtausches der Güter in der Schweiz gegen solche im Elsass (Castex-Handel). Dieser Plan veranlasste den Kanton Solothurn, dem Kloster die Vermögensverwaltung zu entziehen. 1874 beschlossen Kantonsrat und die Mehrheit der Solothurner Stimmbürger die "Reorganisation" des Klosters zusammen mit den beiden Chorherrenstiften St. Urs in Solothurn und St. Leodegar in Schönenwerd. 1875 wurden Abt und Konvent aus dem Kloster vertrieben; doch durften Patres zur Betreuung der staatlich garantierten Wallfahrt zurückbleiben. Klostervermögen, Verkaufserlös und Klostergebäude wurden dem allgemeinen Schulfonds des Kantons überwiesen. Daraus wurden auch die Klosterpfarreien ausgestattet, an deren kirchenrechtlicher Stellung jedoch nichts geändert wurde.

Nach ihrer Ausweisung übersiedelten Abt und Konvent nach Delle (F), wo die im Herbst 1875 eröffnete Ecole libre Saint-Benoît zu einer klösterlichen Anlage erweitert wurde. Wegen der französischen Kongregationsgesetze mussten sie 1901 Frankreich wieder verlassen. 1902 liessen sie sich in Dürrnberg bei Hallein (Erzbistum Salzburg) nieder. 1906 übernahm der Konvent auf Gesuch der Urner Regierung die Leitung und Führung des Kollegiums Karl Borromäus in Altdorf. Im gleichen Jahr wurde in Bregenz das Schlösschen Babenwohl erworben, das zum St.-Gallus-Stift ausgebaut wurde. Hier wuchs der Konvent rasch an (1920 47, 1940 70 Mitglieder).

1941 wurde das St. Gallus-Stift durch die Gestapo "geräumt", das Haus beschlagnahmt, die Schweizer in ihre Heimat abgeschoben. Die Solothurner Regierung erlaubte den Vertriebenen Asylnahme in Mariastein. Obwohl nach dem Krieg der Besitz in Bregenz zurückerstattet wurde, kam eine Rückkehr dorthin nicht mehr in Frage. 1953 befasste sich der Solothurner Kantonsrat erstmals mit der Frage der Wiederherstellung des Klosters in Mariastein. Ein Rechtsgutachten von 1964, das keine Verletzung von Artikel 52 (Klosterartikel) der Bundesverfassung feststellen konnte, ebnete den Weg für ein Gesetz (1970 von Parlament und Volk angenommen), das dem Kloster die korporative Selbstständigkeit und die Klosteranlage mit Umschwung zurückgab. Der Verzicht auf den ehemaligen Klosterbesitz wurde finanziell abgegolten. Die Wiederherstellung wurde 1971 vollzogen, die Klosteranlage 1972-1989 einer Sanierung unterzogen (ohne die 1899-1934 in neubarockem Stil ausgestattete Basilika). 1981 gab der Konvent die Leitung des Kollegiums in Altdorf aus Personalmangel (1960 56 Mitglieder, 1980 40, 2000 28) auf, die Mönche kamen nach Mariastein. Ihre Arbeit konzentriert sich hier neben den klösterlichen Aufgaben vor allem auf Wallfahrts- und Pfarrseelsorge, Bildungsarbeit und Betreuung der Gäste im Gästehaus.

Quellen und Literatur

  • HS III/1, 384-421
  • B. Born, «Die Restaurierung der Klosteranlage Mariastein», in Mariastein 35, 1989, 177-268
  • A.N. Lüber, «Das Kloster Beinwil-Mariastein von 1765 bis 1815», in JbSolG 70, 1997, 105-300
  • L. Schenker, Exil und Rückkehr des Mariasteiner Konventes 1874-1981, 1998
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Lukas Schenker: "Beinwil-Mariastein", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.03.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011487/2011-03-10/, konsultiert am 29.03.2024.