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Volksmissionen

Volksmissionen sind eine aus der Jesuitenpastoral erwachsene Form katholischer ausserordentlicher Seelsorge. Sie wurden auf Pfarreiebene realisiert und dienten der Vertiefung und Erneuerung des Glaubens, des christlichen Lebensvollzugs und der Rückgewinnung von passiv gewordenen Gläubigen.

In der Schweiz wurden Volksmissionen im Zuge der tridentinischen Reform im 17. und 18. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrheitlich von den Jesuiten durchgeführt. Nach deren Verbot 1848 übernahmen vor allem Kapuziner sowie Redemptoristen und andere religiöse Gemeinschaften sowie ab 1893 erneut die Jesuiten diese Aufgabe. Ihre Blütezeit erlebten Volksmissionen 1850-1960. Damals wurden sie in den meisten Pfarreien abgehalten und häufig in zeitlichen Abständen von zehn und mehr Jahren wiederholt.

Die Volksmissionen geschahen meist entweder in der Form einer achttägigen Gesamtmission mit Predigten für alle Pfarreiangehörige oder einer 14- bis 18-tägigen Standesmission, in welcher die drei Stände Kinder, Frauen/Jungfrauen und Männer/Jungmänner nacheinander und getrennt unterwiesen wurden. Dabei legten jeweils zwei bis drei Volksmissionare die Glaubenswahrheiten mittels Predigten, Vorträgen, Andachten und liturgischer Feiern dar und hielten zum Empfang der Sakramente an.

Nach dem Zweiten Vatikanum ersetzten insbesondere in den deutschsprachigen Ländern neue Seelsorgeformen, etwa Glaubenswochen, die Volksmissionen. Es erfolgten Anpassungen an die Bedürfnisse einer zeitgemässen, vom Dialog bestimmten Seelsorge, deren Umfeld von schwindenden volkskirchlichen Strukturen geprägt war.

Quellen und Literatur

  • HS VII, 460 f.
  • F.X. Bischof, C. Dora, Ortskirche unterwegs, 1997, 162-165
  • P. Geiger, «Volksmission – "fabrikmässig betriebene Seelenfängerei"?», in Kath. Denk- und Lebenswelten, hg. von U. Altermatt, 2003, 67-84
  • C. Schweizer, «"Kapuziner wie Jesuiten des Volkes"», in Helvetia Franciscana 32, 2003, 107-148
Weblinks

Zitiervorschlag

Franz Xaver Bischof: "Volksmissionen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.07.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011454/2013-07-30/, konsultiert am 29.03.2024.