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Zeughäuser

Der Begriff Zeughaus (Zeug = Geräte) taucht in der frühen Neuzeit als Bezeichnung für den neuen Gebäudetypus des Waffenspeichers auf. Weitgehend synonym ist der aus dem Arabischen stammende und im 12. Jahrhundert über Venedig nach Europa gelangte Begriff Arsenal (französisch arsenal, italienisch arsenale).

Die lateinischen Quellen des Hochmittelalters nennen das Armamentarium, womit die Rüstkammer auf Burgen gemeint ist. Sie enthielt die Kriegsrüstungen, Geräte und Waffen für den Burgherrn und seine Knechte. Die spätmittelalterlichen Städte lagerten ihre Waffen in Türmen der Stadtbefestigung, im Rathaus (z.B. Genf im 15. Jh.), im Werkhof (z.B. Bern um 1384) oder im «Spiess- und Harnischhüsli» (z.B. Solothurn). Im Gebiet der heutigen Schweiz bewahrte der Stadtbürger seine Waffen zu Hause auf. Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Lagerung von Büchsen und Pulver zum Beispiel in Rathäusern zu gefährlich, weshalb diese in Pulvertürmen bzw. «Büchsenhüsli» aufbewahrt wurden. Die Entwicklung der Feuerwaffen und Artilleriegeschütze liess die Waffendepots zu klein werden.

Aufgrund der veränderten militärischen Bedürfnisse (Militärwesen) entstand im 15. Jahrhundert das Zeughaus mit folgenden Merkmalen: keine Unterkellerung, gepflästerter oder mit schweren Platten belegter Erdgeschossboden, Steinsäulen, grosse Eingangstore für Fuhrwerke und Geschütze, durch Eichen- oder Fichtenpfeiler gestützte Obergeschosse. Die Konstruktion der Zeughäuser war jener der Kornhäuser verwandt. In einzelnen Fällen dienten sie beiden Aufgaben, zum Beispiel in Basel und Genf, andernorts wurden Kornhäuser nachträglich in Zeughäuser umgewandelt, zum Beispiel in Zürich, Bern und Luzern. Im Zeughaus fanden Beschaffung, Lagerung, Unterhalt, Bereitstellung und Ersatz von Kriegsmaterial statt. Die Aufsicht oblag dem Zeugherrn. Volle Zeughäuser bedeuteten militärische Schlagkraft, Abschreckung und Macht. Zeughäuser verkörperten das Prestige des Staats und waren im weitesten Sinne auch Museen, in denen Trophäen an die glorreiche militärische Vergangenheit erinnerten, zum Beispiel in Solothurn (heute Museum). Wurden in Zeughäusern Rüstungsgüter produziert (Rüstung), so erhielten sie Arsenalcharakter im ursprünglichen Sinn.

Herstellung von Kanonenkugeln im Zeughaus Zürich. Radierung von Johann Melchior Füssli im Neujahrsblatt der Constaffler und Feuerwerker im Zeughaus von 1718 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Herstellung von Kanonenkugeln im Zeughaus Zürich. Radierung von Johann Melchior Füssli im Neujahrsblatt der Constaffler und Feuerwerker im Zeughaus von 1718 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

Aus dem 15. Jahrhundert bekannte Zeughäuser standen in Freiburg (1403), Winterthur (1405), Basel (1437), Luzern (1471), Schaffhausen (1479) und Zürich (1487). Von diesen ist nur noch das heutige Restaurant Zeughauskeller in Zürich teilweise erhalten. 1478 beschloss die eidgenössische Tagsatzung, in Baden einen gemeineidgenössischen Sammelplatz für Beutegeschütze anzulegen. Im 16. Jahrhundert wurden in Bern (1517), Liestal (1520), St. Gallen (1532), Schaffhausen (1557), Sarnen (1564), Appenzell (1568), Trogen (1580), Zug (1581) und Schwyz (1592) neue Zeughäuser erstellt, in Basel und Luzern (heute Historisches Museum) Nachfolgebauten errichtet, in Lausanne (1570) die ehemalige Kirche Saint-Etienne zum städtischen Zeughaus umgebaut. Im 17. Jahrhundert entstanden in Solothurn (1609), Herisau (1615), Altdorf (1642) und Stans (1666) neue Zeughäuser. Bis 1693 baute zudem Luzern das heutige Zeughaus Musegg, Zürich fünf weitere Zeughäuser und einen Schiffsschopf (1656). Aufgrund des eidgenössischen Defensionales von 1647 wurden an den sogenannten Laufplätzen, wo sich der erste Auszug sammeln sollte, bestehende Bauten als Zeughäuser eingerichtet, zum Beispiel in Bischofszell. Im 18. Jahrhundert wurden vor allem Sanierungen, Neu- und Erweiterungsbauten vorgenommen. Einzig Bern (1749) und Sarnen (1775) erstellten neue Zeughäuser. In den eidgenössischen Untertanengebieten wurden keine Zeughäuser im engeren Sinn gebaut.

Die kurzlebige Helvetische Republik (1798-1803) versuchte eine zentrale Verwaltung für das vorhandene Wehrgut einzurichten. Nach der Mediationsakte (1803) lag die Militärhoheit wieder bei den Kantonen, welche die vorrevolutionären Zeughäuser übernahmen (in Glarus wurde das Zeughaus 1845 gebaut).

Nach 1848 oblag die oberste Aufsicht über das eidgenössische Wehrwesen (Armee) dem Bundesstaat. Jetzt setzte eine rege Bautätigkeit ein, unter anderem 1852 in Teufen (AR), 1854 in Schaffhausen, 1873 in Bern und Zürich, 1879 in Liestal, 1890 in Freiburg, 1893 in Appenzell, 1895 in Zug und 1907 in Solothurn. Ihren Höhepunkt erreichte sie zwischen dem Deutsch-Französischen Krieg 1870-1871 und dem Ersten Weltkrieg. Die Kantone erlaubten dem Bund die Benützung der kantonalen Zeughäuser. Das erste eidgenössische Zeughaus entstand 1861 in Thun. Mit der Verfassungsrevision von 1874 erhielt der Bund die Verantwortung über die Ausbildung und Ausrüstung sowie die Beschaffung der Waffen. Einzig die persönliche Ausrüstung der Wehrmänner blieb unter kantonaler Obhut. Weitere eidgenössische Zeughäuser wurden meist im Zusammenhang mit Waffenplätzen errichtet. Die Bautätigkeit ebbte nach dem Ersten Weltkrieg ab, nahm aber im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs erneut zu. 1861-1942 entstanden 49 der 50 um 1990 bestehenden eidgenössischen Zeughäuser; das letzte baute der Bund 1986 in Affoltern am Albis (seit 2007 Sammlungszentrum des Schweizerischen Landesmuseums). Mit der Motorisierung der Armee kamen 1921-1970 acht Armeemotorfahrzeugparks (AMP) hinzu. 1995 wurde die Zahl der selbstständig verwalteten Betriebe durch Zusammenlegungen und Aufhebungen auf 20 Zeughäuser und sieben AMP reduziert. Die Annahme der Armeereform XXI durch das Volk 2003 führte zur Verkleinerung der Armee. Entsprechend wurde auch der Bestand der Zeughäuser und AMP verringert und in die fünf Armeelogistikcenter Hinwil, Othmarsingen, Thun, Grolley und Monteceneri zusammengelegt. Diese Zentren führen in 19 Kantonen 20 externe Retablierungsstellen, die für die persönliche Ausrüstung der Armeeangehörigen zuständig sind.

Quellen und Literatur

  • Kdm
  • N. Vital, Das Alte Zeughaus Solothurn, 21985
  • Arsenali e città nell'Occidente Europeo, hg. von E. Concina, 1987
  • H. Neumann, Das Zeughaus, 2 Tl.,1991
  • C. Hildebrandt, Die Zeughäuser in der Schweiz, 1993
  • C. von Arx, «Sensationelles Zeug», in SZG 62, 2012, 16-48
Weblinks

Zitiervorschlag

Marco Leutenegger: "Zeughäuser", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.01.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/008600/2015-01-25/, konsultiert am 29.03.2024.