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GrüningenHerrschaft, Vogtei

Herrschaft, 1416-1798 Landvogtei im Stadtstaat Zürich. Den Kern der Herrschaft bildeten die Höfe Dürnten und Mönchaltorf, die im 8. Jahrhundert im Besitz des Klosters St. Gallen waren. Im ausgehenden Hochmittelalter gründeten vermutlich die Herren von Regensberg, bis ca. 1270 Inhaber der Vogtei über die beiden Höfe, das Städtchen Grüningen als Verwaltungszentrum. Die freien Leute, die im Habsburger Urbar erwähnt sind, hatten eine Dingstatt in Binzikon (Gemeinde Grüningen). Sie wurden ebenfalls dem Amtmann von Grüningen unterstellt. Die Verleihung der Herrschaft an Rudolf von Habsburg muss zwischen 1273 und 1284 erfolgt sein. 1354-1450 wurde ihr Stäfa, ab 1370 der Hof Wald und vor 1467 der Hof Fischenthal zugeteilt. Ferner gehörten ihr die Hochgerichte über die Gerichtsherrschaft Wetzikon-Kempten und Bubikon-Hinwil an. Als österreichische Pfandschaft befand sich Grüningen ab 1374 im Besitz der Familie Gessler von Meienberg. 1408 mussten die Brüder Hermann und Wilhelm Gessler ihre Pfandschaft an die Stadt Zürich verkaufen. Diese vergab sie pachtweise an das Ehepaar Heinrich und Anna Hagnauer. Nach der Konsolidierung der verworrenen politischen Lage im Gefolge der Eroberung des Aargaus wurde Heinrich Hagnauer 1416 zum Vogt gewählt, und Grüningen als Äussere Vogtei bzw. Landvogtei der Stadt Zürich verwaltet.

Die Eingliederung der Herrschaft Grüningen in den Zürcher Stadtstaat verlief keineswegs konfliktfrei. Im Alten Zürichkrieg ergaben sich die Herrschaftsleute, ohne ernsthaften Widerstand zu leisten, den ihnen nahe stehenden Schwyzern. Durch Vermittlung Berns erhielt Grüningen einen besonderen Rechtsstatus, festgehalten im sogenannten Berner Spruch vom 17. März 1441. Während des Waldmannhandels (sogenannte Waldmannische Spruchbriefe 1489) wehrten sich die Leute von Grüningen erfolgreich gegen die Rechtsvereinheitlichung. In den Bauernunruhen von 1525 verweigerten sie Herrschaftsabgaben an die Stadt Zürich. Auch die Wiedertäuferbewegung fand in der Bevölkerung der Landvogtei grossen Rückhalt.

Wegen der heterogenen Zusammensetzung der Herrschaft galten verschiedene Offnungen: Der Dingstattrodel von Binzikon (1435) für den Kern der Herrschaft, der Hofrodel von Dürnten (1480) und die Hofrödel von Fischenthal und Wald gehen zum Teil auf österreichische Zeit zurück. Im 16. Jahrhundert wird das Gericht der Zwölf zu Grüningen fassbar, das spätere Herrschaftsgericht, das die spätmittelalterlichen Hofgerichte ablöste. Bluturteile fällte der Landtag; eine Appellationsmöglichkeit an den Zürcher Rat bestand nicht. Das Privatrecht wurde erst mit dem Grüninger Amtsrecht von 1668 vereinheitlicht. In den Grenzen der in der Helvetik aufgelösten Landvogtei entstand während der Restauration das Oberamt Grüningen, seit 1831 im Zug der Regeneration der Bezirk Hinwil.

Quellen und Literatur

  • T. Weibel, Erbrecht, Gerichtswesen und Leibeigenschaft in der Landvogtei Grüningen, 1987
  • M. Leutenegger, Stadt- und Bevölkerungsgesch. Grüningens im SpätMA, 1989
  • D. Klee, Konflikte kommunizieren, 2006
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Martin Illi: "Grüningen (Herrschaft, Vogtei)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.12.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007826/2010-12-15/, konsultiert am 29.03.2024.