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Richensee

Ehemalige Gemeinde des Kantons Luzern, Wahlkreis Hochdorf, seit 1897 Teil der Gemeinde Hitzkirch, und ehemaliges Amt. Im Seetal am Ausfluss des Aabachs aus dem Baldeggersee gelegen. 1255 Richense. 1665 148 Einwohner; 1850 171; 1888 127.

Die Grafen von Kyburg errichteten zwischen 1237 und 1243 nördlich des Baldeggersees einen Wehr- und Wohnturm, der Sitz eines kyburgischen, ab 1264 eines habsburgischen Vogts war. Um den Turm entwickelte sich die Siedlung Richensee, die in der chronikalischen Überlieferung zumeist als «Städtchen» bezeichnet wird (Landstadt). Territorialisierung und Siedlungsausbau führten zu Konflikten mit dem Stift Beromünster. Richensee gehörte mit der Kapelle St. Laurentius und Gertrud zur Pfarrei Hitzkirch. Vor 1306 lösten die Habsburger das Gebiet der Pfarrei vom kyburgischen Amt Lenzburg und bildeten daraus mit den Pfarreien Hochdorf, Hohenrain und vor 1318 mit Schongau das Amt Richensee unter der Verwaltung des Amts Rothenburg. Der nördliche Teil des Amts war vom Ende des 14. Jahrhunderts bis 1420 an die Gessler verpfändet. Nach 1395 besetzte Luzern den Gerichtskreis Hochdorf und 1415-1425 das ganze Amt Hochdorf. 1425 wurde das Pfarreigebiet von Hitzkirch als Amt Richensee den Freien Ämtern zugeordnet, im 16. Jahrhundert in Amt Hitzkirch umbenannt und 1803 dem Amt Hochdorf zugewiesen (bis 2012 Amt, dann Wahlkreis).

Ab 1306 fanden in Richensee mehrere Jahrmärkte statt, doch kannte dieses weder Schultheiss, Rat noch Siegel. Im Sempacherkrieg 1386 wurde Richensee von österreichischen Truppen zerstört und erschien danach als Dorf oder Flecken (1583 mit Burgerschaft) sowie Marktort. Der nahegelegene Turm Grünenberg, der zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch als Ruine stand, war als habsburgisches Lehen Sitz der Herren von Lieli. Er gelangte nach 1388 an die Freiherren von Grünenberg und 1437 an die Herrschaft Heidegg. Richensee besass mehrere Tavernen und eine Bäckerei sowie im 18. Jahrhundert eine Nagelschmiede und eine Hafnerei (Ofenbau). Es wurde Viehwirtschaft, Getreide- und Obstbau sowie bis ins 20. Jahrhundert etwas Weinbau betrieben. Die Nutzungsrechte von Richensee im Erlosenwald führten von ca. 1501 bis zur Waldteilung 1804 zu häufigen Konflikten mit Ermensee. Ab 1887 stand die finanzschwache Gemeinde unter Luzerner Kuratel und ging 1897 in der Gemeinde Hitzkirch auf.

Quellen und Literatur

  • Bosch, Reinhold: «Richensee», in: Zeitschrift für schweizerische Geschichte, 23, 1943, S. 52-68.
  • Reinle, Adolf: Das Amt Hochdorf, 1963, S. 129-134 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, 6).
  • Meyer, Werner: «Burgenbau im kyburgischen Machtbereich», in: Die Grafen von Kyburg. Kyburger-Tagung 1980 in Winterthur, 1981, S. 69-85 (Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters, 8).
  • Häfliger, Bruno: Richensee. Auf den Spuren eines vergangenen Städtchens, 1997.
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Waltraud Hörsch: "Richensee", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.07.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003339/2021-07-19/, konsultiert am 28.03.2024.