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LaTour-de-Peilz

Politische Gemeinde des Kantons Waadt, Bezirk Riviera-Pays-d'Enhaut. Kleinstadt am Genfersee zwischen Vevey und Montreux. 1163 Turre, 1229 Pel, 1294 Turrim de Peilt, deutsch früher Vivis zum Thurn. 1764 638 Einwohner; 1798 778; 1850 1035; 1900 2417; 1950 5015; 2000 10'230.

Pfähle und eine Axt aus dem Neolithikum, kleines latènezeitliches Gräberfeld, ein Meilenstein und Siedlungsspuren aus römischer Zeit sowie ein ausgedehnter frühmittelalterlicher Friedhof mit rund 578 Gräbern (6.-9. Jh.). Um die Mitte des 12. Jahrhunderts gehörte das Gebiet von La Tour-de-Peilz den Bischöfen von Sitten, die es den Grafen von Genf zu Lehen gaben. Diese verliehen den nördlichen Teil an die Herren von Fruence, den südlichen Teil an Ministeriale, die den Namen La Tour-de-Peilz annahmen (1160 erstmals erwähnt). Zwischen 1248 und 1255 erwarb Peter II. von Savoyen das Gebiet von La Tour-de-Peilz und alle damit verbundenen Rechte, darunter den Salzzoll. Hugues de Palézieux erbte 1268 die Kastlanei La Tour-de-Peilz und trat sie dem Grafen Philipp I. von Savoyen ab. Dieser gründete 1282 eine neue, mit Freiheitsrechten ausgestattete Stadt an der Ostgrenze des Herrschaftsgebiets des Bischofs von Lausanne und an der Strasse zum Grossen St. Bernhard. Um seine Position zu stärken, liess er die Burg 1282-1288 vergrössern und eine Stadtbefestigung bauen (ab 1284 aus Holz, ab 1288 Mauerwerk). Das Städtchen wurde von einem Kastlan verwaltet, dem ab 1341 Bürgermeister zur Seite standen. Seine Entwicklung verdankte es einem Wochenmarkt und zwei Jahrmärkten. Während der Burgunderkriege wurde 1476 der Ort geplündert und die Burg von den Bernern in Brand gesteckt.

"Plan de la Ville de La Tour De Peyl", gezeichnet von Jean Grenier und Jean-François Michel anlässlich der Erstellung eines neuen Lehensgüterverzeichnisses zu Handen der Berner Obrigkeit, 1697 (Archives cantonales vaudoises, Chavannes-près-Renens, Gb 347/a2, Foto Rémy Gindroz).
"Plan de la Ville de La Tour De Peyl", gezeichnet von Jean Grenier und Jean-François Michel anlässlich der Erstellung eines neuen Lehensgüterverzeichnisses zu Handen der Berner Obrigkeit, 1697 (Archives cantonales vaudoises, Chavannes-près-Renens, Gb 347/a2, Foto Rémy Gindroz). […]

1536-1798 gehörte La Tour-de-Peilz zu den bernischen Vogteien Chillon bzw. Vevey (ab 1735), in denen es nach der Abtrennung von der Kastlanei Vevey 1642 wieder eine eigenständige Kastlanei bildete. Die Stadt regierte ein Zwölferrat, aus dessen Mitgliedern alle zwei Jahre ein Bürgermeister gewählt wurde. Der Gerichtshof unterstand Bern für die mittlere und hohe Gerichtsbarkeit. Den Turm der Burg nutzten die Berner als Gefängnis. 1644 überliessen sie den östlichen Graben der Bürgerschaft von La Tour-de-Peilz für den Ausbau des Hafens, der 1766-1770 neu gestaltet wurde. 1749 kaufte Jean Grésier, Bau- und Festungsinspektor des französischen Königs, die Überreste der Burg, die er teilweise wieder aufbaute, und erlangte von Bern gleichzeitig auch die niedere Gerichtsbarkeit über die dazugehörigen Ländereien.

Die Kapelle Saint-Théodule, 1307 als Filiale der Kirche Saint-Martin von Vevey erbaut, wurde in den Burgunderkriegen teilweise zerstört. Nach der Restauration wurde sie ab 1536 für den reformierten Gottesdienst genutzt. 1792-1796 wurde sie vergrössert und zur Pfarrkirche umgebaut, nachdem La Tour-de-Peilz 1783 zur Kirchgemeinde erhoben worden war.

1798-2006 gehörte La Tour-de-Peilz zum Bezirk Vevey. Im 19. Jahrhundert wählten Berühmtheiten (Prinzessin von Liegnitz, Gustave Courbet) und reiche Familien den Ort als Wohnsitz und errichteten dort repräsentative Herrenhäuser (La Becque, La Doges, La Faraz, Schloss Sully). Weinbau und Landwirtschaft überwogen; daneben wurden am Ognonnaz noch einige Mühlen und Sägereien betrieben. Der wirtschaftliche Aufschwung begann mit der Firma Peter, Cailler, Kohler, Schweizer Schokoladen A.-G., die sich 1917 in La Tour-de-Peilz niederliess. Seit 1978 hat die Nestlé Suisse SA in La Tour-de-Peilz ihren Hauptsitz; infolge des geplanten Ausbaus soll die Zahl der Arbeitsplätze 2014 auf 700 steigen. Die moderne Stadtentwicklung nahm ihren Ausgang beim 1861 erbauten Bahnhof der Simplonlinie. 1977 wurde das Gymnasium Burier gegründet. Das 1979 von der Gemeinde erworbene Schloss beherbergt seit 1987 das Schweizerische Spielmuseum. Schloss Sully war 1986-1996 Sitz des Art Center College of Design Europe. Anfang des 21. Jahrhunderts ist La Tour-de-Peilz Teil der Agglomeration Vevey-Montreux. 2000 arbeiteten mehr als drei Viertel der in der Gemeinde wohnhaften Erwerbstätigen auswärts.

Quellen und Literatur

  • A. de Montet, Histoire de la ville de La Tour-de-Peilz, 1927 (Neudr. 1977)
  • D. de Raemy, Un château... peut en cacher un autre, Liz. Lausanne, 1983
  • A. Geiser, «Un trésor de monnaies de Pépin le Bref trouvé à La Tour-de-Peilz (VD)», in Schweizer Münzbl. 40, 1990, 94-105
  • M. Klausener et al., «La Tour-de-Peilz VD: le cimetière du Clos d'Aubonne [...]», in ArS 15, 1992, 24-33
  • I. Roland, L'église de La Tour-de-Peilz, 1992
  • D. Perreten, «La Tour-de-Peilz 1850-1914», in RHV, 2006, 253-279
  • L. Steiner, La nécropole du Clos d'Aubonne à la Tour-de-Peilz, 2 Bde., 2011
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Elisabeth Salvi: "Tour-de-Peilz, La", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.02.2014, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002619/2014-02-25/, konsultiert am 28.03.2024.