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Baulmes

Politische Gemeinde des Kantons Waadt, Bezirk Orbe, auf dem Schwemmkegel der Baumine gelegenes Dorf an der Grenze zu Frankreich. 652 in loco Balmensi, 1123 Balmis. 1764 443 Einwohner; 1798 573; 1850 862; 1900 1241; 1950 1006; 1970 811; 2000 970.

Urgeschichte

Die Felsvorsprünge am Fusse einer nördlich des Dorfes aufragenden Wand waren während über zwölf Jahrtausenden periodisch bewohnt. 1874 wurden beim Bau der Bergstrasse zum Suchet im Geröll Reste von Steingeräten, Keramik und Knochen aus dem Neolithikum und der Bronzezeit freigelegt. Drei Sondierungen, die 1966 durchgeführt wurden, bestätigten die Anwesenheit des prähistorischen Menschen an diesem Ort. Die ergiebigste Fundstelle befindet sich im Garten des Pfarrhauses und wurde entsprechend Abri de la Cure benannt. Die längst nicht abgeschlossenen Ausgrabungen wurden 1974 vorübergehend eingestellt. Der ganz nach Süden gerichtete Abri befindet sich oberhalb des Schwemmkegels, auf dem später das Dorf erbaut werden sollte, sowie an der Mündung der Passstrasse Col de l'Aiguillon, einer Verbindung zwischen französischem Mâconnais und Schweizer Mittelland, die dem tief eingeschnittenen Flusslauf der Baumine folgt. Die eher bescheidenen Ausmasse des Felsüberhangs liessen nicht auf ein derart reiches Vorkommen schliessen: Mit über 30 Siedlungsphasen von mindestens 7 m Mächtigkeit ist diese Stelle die am häufigsten und am längsten aufgesuchte archäologische Fundstätte der Schweiz. Feuerstellen, Pollen, pflanzliche Makroreste, Gebeine, Mollusken und anthropogenes Material erlauben sehr genaue Rückschlüsse auf technische und landschaftliche Entwicklungen. Vom Ende des Spätglazials bis zur Gegenwart sind die Übergänge vom Jungpaläolithikum (eine Feuerstelle, bisher ohne Funde) zum Azilien, Sauveterrien, Tardenoisien, zum frühen und mittleren Neolithikum, zur Früh- und Spätbronzezeit, in die gallorömische Zeit bis hin zu den Anfängen des Mittelalters ablesbar. Der nahe gelegene Felsabri von Mistredame lieferte einen zwischen den beiden Hälften eines gebrochenen Mühlsteins aus Granit wieder beigesetzten menschlichen Schädel. Auf dem Gipfel des Felsens befindet sich eine frühgeschichtliche Befestigung.

Gemeinde

Kirche und Pfarrhaus von Baulmes. Kolorierte Umrissradierung von Samuel Weibel, um 1830 (Privatsammlung, alle Rechte vorbehalten).
Kirche und Pfarrhaus von Baulmes. Kolorierte Umrissradierung von Samuel Weibel, um 1830 (Privatsammlung, alle Rechte vorbehalten).

Die schriftliche Überlieferung setzt 652 mit der Stiftung eines der heiligen Maria geweihten Klosters in Baulmes durch Herzog Chramnelenus ein. Seine Witwe Ermentrud vollendete 667/668 (oder 671/672) die Gründung. Der Konvent befolgte anfänglich die Regeln des heiligen Kolumban, später jene des heiligen Benedikt. Aus dieser Zeit sind lediglich ein aus dem 7. oder 8. Jahrhundert stammender Ambo und eine karolingische Inschrift zu Ehren der Jungfrau Landoalda erhalten geblieben. Das Kloster besass Güter in Orbe und Champvent. Zu einem unbestimmten Datum ging es, in verwahrlostem Zustand, an das Cluniazenserpriorat Payerne über. Vor 1174 (erste Nennung eines Propstes) wurde ein Maria und Michael geweihtes Kloster errichtet. Obwohl der Abt von Cluny bereits 1294 seine Vereinigung mit dem Priorat Payerne verfügt hatte, wurde es diesem erst 1356 direkt unterstellt. Bis dahin hatten kirchliche Verwalter (Rektoren) die Gemeinschaft geleitet. Der klösterliche Besitz umfasste Güter in Baulmes, Montcherand, Orbe und Bonvillars. 1536 fiel das Priorat Bern zu. Die Prioratskirche ist vollständig verschwunden. Die Pfarrkirche Saint-Pierre betreut spätestens seit 1228 neben Baulmes auch die Kirchgenossen der Nachbargemeinde Vuitebœuf (inklusive Peney). Im Dorf am Fusse des Klosters liessen sich hauptsächlich Freie und steuerpflichtige Freigelassene, die 1516 von ihrer Abgabepflicht entbunden wurden, nieder. Vom 14. Jahrhundert an wurden den Einwohnern – nach dem Vorbild von Payerne – Freiheiten gewährt, was diese allerdings nicht daran hinderte, das Bürgerrecht in Les Clées (ab 1375 bis 1462) oder Sainte-Croix (ab 1396) zu erlangen. Ab dem 15. Jahrhundert ist die Leitung der Dorfgemeinschaft durch vier Syndics und neun Geschworene belegt. 1595 wurde ein Spital gegründet. Unter Berner Herrschaft (1536-1798) gehörte Baulmes zur Vogtei Yverdon. Dem in sechs sogenannten Dizaines aufgeteilten Dorf stand ein Rat aus zwölf Mitgliedern vor. Die Revolution von 1798 wurde schlecht aufgenommen. Bis 1809 war Baulmes Teil des Bezirks Grandson, danach des Bezirks Orbe.

Ab dem 15. Jahrhundert trieb die Baumine mehrere Mühlen, Stampfen und Schleifsteine an, die anfänglich vom Priorat Payerne konzessioniert wurden. Das gemeindeeigene Holz wurde zur Kohlegewinnung genutzt. Vom 16. bis 18. Jahrhundert waren an der Jougnena nacheinander mehrere Hochöfen in Betrieb. 1464 erhielt die Tuchindustrie, die ab dem 14. Jahrhundert florierte, das ausschliessliche Recht auf Nutzung eines Schauzeichens. Als eine der ersten Gemeinden in der Schweiz verfügte Baulmes bereits 1867 über eine Druckwasserversorgung. Der Bau der Eisenbahnlinie Yverdon-Sainte Croix 1893 ermöglichte die Inbetriebnahme einer Zementfabrik, die 1957 geschlossen wurde. 1997 liess die Gemeinde eine Fernheizung, die mit Holz aus den gemeindeeigenen Wäldern betrieben wird, erstellen. Ende des 20. Jahrhunderts waren in Baulmes neben der noch immer stark vertretenen Landwirtschaft mehrere hauptsächlich holzverarbeitende Unternehmen tätig.

Quellen und Literatur

Urgeschichte
  • M. Egloff, «Les gisements préhistoriques de Baulmes (Vaud)», in JbSGUF 53, 1966/67, 7-13
  • M. Egloff, «Huit niveaux archéologiques à l'Abri de la Cure», in US 31, 1967, 53-64
  • A. Leroi-Gourhan, M. Girard, «L'Abri de la Cure à Baulmes (Suisse): analyse pollinique», in JbSGUF 56, 1971, 7-15
Gemeinde
  • P.-L. Pelet, Fer, charbon, acier dans le Pays de Vaud, Bde. 2-3, 1978-83
  • HS III/1, 231-238; III/2, 469-486
  • A. Rodriguez et al., Une abbaye dans son village, 1595-1995, 1995
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Michel Egloff; Germain Hausmann: "Baulmes", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 06.05.2004, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002529/2004-05-06/, konsultiert am 28.03.2024.