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Egnach

Politische Gemeinde des Kantons Thugau, Bezirk Arbon. Die weitläufige Streusiedlung umfasst die Siedlungszentren Egnach am Bodensee, Neukirch und Steinebrunn an der Strassenverbindung Amriswil-Arbon sowie 61 Weiler und Höfe. 1155 Egena. 1850 3344 Einwohner; 1860 (nach Abtrennung von Frasnacht) 2622; 1900 2755; 1910 3166; 1950 3301; 2000 4153.

Egnach dürfte im 9. Jahrhundert zum Konstanzer Hochstift gehört haben und von der bischöflisch-konstanzischen Obervogtei Arbon verwaltet worden sein. Auch das Kloster St. Gallen kam in Egnach zu Grundbesitz, was zu konkurrierenden Rechtsansprüchen zwischen Abt und Bischof führte (Vertrag 854). Im Spätmittelalter war Egnach ein bischöflich-konstanzischer Besitzschwerpunkt, was die Kehlhöfe in Egnach, Erdhausen und Wiedehorn (Urbar 1302) belegen. Nach der Eroberung des Thurgaus durch die Eidgenossen 1460 traten die neuen Landesherren den bischöflichen Ansprüchen entgegen. Während die Niedergerichtsbarkeit bis 1798 in den Händen des Bischofs blieb, verlor er 1509 die Hochgerichtsbarkeit an den eidgenössischen Landvogt im Thurgau. Mit der Offnung 1544 erhielt Egnach ein eigenes niederes Gericht. Kirchlich gehörte es stets zur Pfarrei Arbon. 1515 wurde in der Jakobskapelle in Erdhausen eine Messpfründe eingerichtet, ab 1588 wurden reformierte Gottesdienste abgehalten. Die Galluskapelle in Steinebrunn verblieb – nach einer langen Periode der Schliessung – den Katholiken. Die seit 1528 mehrheitlich reformierten Einwohner konnten 1727 in Neukirch (vorher Mosershaus) eine Kirche bauen und bildeten fortan die reformierte Kirchgemeinde Egnach. Die katholischen Einwohner gehören seit 1872 zur katholischen Kirchgemeinde Steinebrunn. Egnach war in 13 "Rotten" eingeteilt, die neben der militärischen Ausbildung auch Gemeindeaufgaben übernahmen. 1803 wurde die Munizipal- und Ortsgemeinde Egnach (Kreis Egnach) gebildet, Versammlungsort war Neukirch. 1857 trennten sich die Rotten Feilen und Frasnacht (Inner-Egnach), die an der Bildung der neuen Kirchgemeinde Egnach nicht beteiligt waren, von Egnach ab. 1858 kamen Lengwil und Ballen von der Gemeinde Roggwil (TG) hinzu. 1870 wurden die räumlich identischen Orts- und Munizipalgemeinden Egnach zur Einheitsgemeinde Egnach verschmolzen.

Bereits im 18. Jahrhundert setzte der Feldobstbau ein, was dem Gebiet um Egnach den Namen "Mostindien" eintrug. Um 1850 wurde der traditionelle Ackerbau durch Vieh- und Milchwirtschaft (zahlreiche Käsereien) abgelöst. In Egnach blühten verschiedene Zweige der Textilproduktion, im frühen 19. Jahrhundert der Leinwandhandel, um 1900 die Handstickerei und im 20. Jahrhundert die mechanische sowie die Schifflistickerei. Die Eröffnung der SBB-Bahnlinie Romanshorn-Rorschach 1869 und der Bodensee-Toggenburg-Bahn 1910, die beide durch das Gemeindegebiet führen, brachte neue wirtschaftliche Möglichkeiten (1900 Gründung einer Mosterei- und Obstexportgenossenschaft). 2000 stellte der 1. Sektor ca. ein Fünftel, der 2. ca. ein Drittel der Arbeitsplätze in Egnach. Trotz einiger Industriebauten und Wohnquartiere hat Egnach infolge intensiven Obstbaus seinen ländlichen Charakter bis heute behalten.

Quellen und Literatur

  • A. Vögeli, Die evang. Kirchgem. Egnach, 1977
  • E. Tanner, Entwicklung, Funktion und Probleme einer Streusiedlung am Beispiel der Gem. Egnach, Diplomarbeit Zürich, Ms., 1983
  • W. Koch, Die 68 Höfe, Weiler und Dörfer der Gem. Egnach, 1996
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Verena Rothenbühler: "Egnach", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 17.11.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001855/2011-11-17/, konsultiert am 29.03.2024.