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Uzwil

Politische Gemeinde des Kantons St. Gallen, Region Wil. Uzwil umfasst die Dörfer Niederuzwil (1275 Nidiruzzewilare), Henau, Algetshausen (854 Adalgozzeshusen), Nieder- und Oberstetten, Stolzenberg sowie weitere Weiler und Einzelhöfe. 819 Uzzinwilare. Die Bezeichnung bezog sich im Mittelalter sowohl auf Ober- als auch auf Niederuzwil. Bis 1962 hiess die Gemeinde Henau. Die heutige Bezeichnung geht auf die 1855 zwischen der Gemeinde Oberuzwil und dem Dorf Niederuzwil errichtete Bahnstation zurück, bei der sich nordöstlich die Siedlung Uzwil entwickelte. Im 20. Jahrhundert wuchsen diese mit dem Dorf Niederuzwil und der Gemeinde Oberuzwil zusammen. Seit 1990 entstanden auch im ursprünglichen Pfarrdorf Henau viele Neubausiedlungen. Dagegen bewahrten Ober- und Niederstetten sowie Stolzenberg ihren ländlichen Charakter weitgehend. 1809 1730 Einwohner, 1850 2264; 1900 4901; 1950 6885; 2000 11'977.

Gräberfunde in Niederuzwil weisen auf alemannische Hofsiedlungen hin. In Henau befand sich ein Kehlhof der Abtei St. Gallen, auf dessen Feldern ab dem Frühmittelalter Korn und Hafer angebaut wurden. Neben lokalen Adligen erwarben später die Grafen von Toggenburg Grundbesitz und Vogteirechte. Nachdem 1468 die Fürstabtei St. Gallen die Grafschaft Toggenburg erworben hatte, ordnete sie die Vogtei- und Gerichtsrechte neu. Die Gerichte von Niederuzwil, Algetshausen sowie Ober- und Niederstetten unterstanden nun dem Vogt von Schwarzenbach, während Henau zum Gericht Bazenheid und damit zum Unteramt gehörte. Im 16. Jahrhundert erhielten die verschiedenen Ortschaften ihr jeweils eigenes Dorf- und Einzugsrecht. 1803 entstand aus Niederuzwil und Henau die politische Gemeinde Henau. Die Patronatsrechte der 892 erwähnten und zunächst Maria, seit dem 15. Jahrhundert Sebastian geweihten Pfarrkirche von Henau gehörten der Abtei St. Gallen, die sie meist an Adlige weiterverlieh. Zur Pfarrei zählten neben den Dörfern der Gemeinde auch Niederglatt und Zuzwil sowie noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Thurstuden (1880 in Sonnental umbenannt). 1527 wurde die Reformation eingeführt und die Pfarrkirche fortan von beiden Konfessionen benutzt. Erst 1871 wurde in Niederuzwil eine reformierte Kirche gebaut, zu der 1934 eine katholische, Christkönig geweihte Kirche hinzukam, da sich aufgrund des Bevölkerungswachstums 1933 die Pfarrei Niederuzwil von Henau gelöst hatte.

Bis ins 19. Jahrhundert war Uzwil landwirtschaftlich orientiert. In den 1820er Jahren begann die Industrialisierung im Textilbereich. 1821 gründete Matthias Näf eine Baumwollfirma. Ab 1859 begannen die Brüder Heinrich und Jakob Benninger mit der Fabrikation von Webstühlen; seit 1907 ist die Firma Benninger eine Maschinenfabrik: 1993 beschäftigte die international tätige Firma 650 Arbeitskräfte und 2011, inzwischen in drei Konzerngruppen aufgeteilt, noch ca. 260 Mitarbeiter. 1860 eröffnete Adolf Bühler eine Eisengiesserei, aus der die zunächst auf Getreidemühlen spezialisierte Maschinenfabrik, dann der international tätige Technologiekonzern Bühler AG hervorging. Die Firma hatte 1880 83 Mitarbeiter, fünf Jahre später bereits 280 und 1920 1800 Angestellte. 1992 zählte der Konzern 3500 Mitarbeiter am Standort Uzwil, weitere 4000 an anderen Standorten, 2011 waren es weltweit 7900 Beschäftigte, davon 2500 in Uzwil. Alle diese Firmen haben bis ins 21. Jahrhunderts das wirtschaftliche und soziale Leben von Uzwil und Umgebung in starkem Masse geprägt. Neben der Maschinenindustrie liess sich in Uzwil auch die Möbelindustrie nieder, etwa die in den 1970er Jahren wieder geschlossene Möbelfabrik AG Henau, die 1917 aus einer Schreinerei entstanden war. Von Anfang an nutzten die Fabriken vor allem die Wasserkraft der Uze, teils auch diejenige der Thur, wie etwa die Buntweberei Felsegg bei Henau. Vorteilhaft für die wirtschaftliche Entwicklung wirkte sich auch der 1855 erfolgte Anschluss an die Bahnlinie Wil-St. Gallen aus. Ab 1935 führte die Autostrasse Wil-St. Gallen durch das nördliche Gemeindegebiet, 1969 folgte die Autobahn A1. Nachdem 1942 bei der Thurkorrektion Land gewonnen worden war, wurde 1946 die Güterzusammenlegung eingeleitet. Durch Aussiedlung entstanden 19 neue Betriebe mit rationellerer Bewirtschaftung. Ab 1891 existierte eine Gewerbeschule, die 1949 zur Gewerblichen Berufsschule Uzwil mit verschiedenen Berufssparten erweitert wurde (heute Polybau). 1949 liess sich die Fachschule für das schweizerische Dachdeckergewerbe in Uzwil nieder. 1931 erbaute der Caritasverein Henau eine Geburtsklinik, die 1958 vergrössert wurde. 1976 wurde erstmals der Uzwiler Kulturpreis verliehen; seit 1977 finden regelmässig Ausstellungen in der Galerie zur Alten Bank statt. 1998 begann der Aufbau einer Gemeindebibliothek.

Quellen und Literatur

  • M. Müller, Gesch. des Dorfes und der Gem. Henau, 754-1954, 1954
  • Chronik von Niederuzwil und Umgebung, 3 Bde., 1988-90
  • H. Hugentobler, Algetshausen – unser Dorf, 1991
  • A. Eberle et al., Uzwil – unser Weg, 2004

Zitiervorschlag

Beat Bühler: "Uzwil", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.02.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001398/2013-02-20/, konsultiert am 25.04.2024.