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Allschwil

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Bezirk Arlesheim, am Rand des Sundgauer Hügellands und der oberrheinischen Ebene gelegen. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Allschwil von der Streusiedlung zum Strassendorf und zur Vorortsgemeinde Basels, mit dem das Dorf durch den Ortsteil Neu-Allschwil verbunden ist. 1118 Almswilre. 1578 341 Einwohner; 1771 754; 1850 1007; 1900 3096; 1950 7900; 1970 17'638; 2000 18'131.

Spuren aus dem Mittelpaläolithikum, Becher der Glockenbecherkultur, ein mittelbronzezeitlicher Hortfund (vermutlich Metalldepot) und die hallstattzeitliche Talsiedlung "in den Vogelgärten" sind frühe Belege menschlicher Anwesenheit. Das 1937 in Neu-Allschwil geortete gallorömische Brandgräberfeld (ca. 25-60 n.Chr.) gehört zu den ältesten der Nordschweiz. Über die Identität von Allschwil mit der römischen Strassenstation Arialbinum ("Itinerarium Antonini", "Tabula Peutingeriana") wird in der Fachwelt diskutiert.

Allschwil war Teil der Herrschaft Birseck, die 1004 als kaiserliche Schenkung an den Bischof von Basel gelangte und bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts öfters verpfändet und verkauft wurde. Als verkehrsstrategisch bedeutender Grenzort und Umschlagplatz der Herrschaft (Verbindung Elsass-Solothurn via Passwang, unter Umfahrung Basels) war Allschwil eine wichtige Zollstätte und beherbergte bis 1724 das Salzmagazin der nördlichen Vogteien des Fürstbistums. Allschwil gehörte zu den sogenannten Sieben freien Dörfern (Vagantes extra civitatem Basiliensem) und war daher für Taufe und hohe Kirchenfeste in die St. Johannkapelle beim Basler Münster kirchgenössig. Das Patronatsrecht der Kirche St. Peter und Paul (untere, romanische Teile des Turms aus dem 12./13. Jh., Neubau 1698-1699) lag ab dem 12. Jahrhundert beim Basler Domkapitel. Die Pfarrei Allschwil umfasste zudem Schönenbuch, Hésingue (Elsass) und bis 1611 Hegenheim (Elsass). Unter dem Eindruck des deutschen Bauernkriegs schloss Allschwil zusammen mit Reinach, Therwil, Oberwil und Ettingen 1525 mit Basel ein Burgrecht, das 1585 im Badener Vertrag aufgelöst wurde. Erst 1627 gelang es dem Bischof, das 1529 reformierte Allschwil zu rekatholisieren. Ab 1567 bestand in Allschwil eine jüdische Ansiedlung. 1692 machten die 24 jüdischen Familien am Judengässlein ca. 15% der Bevölkerung aus. Sie hatten ihren Friedhof in Zwingen und ein Beerdigungsrecht in Hegenheim. Kinder von Juden und Christen besuchten im 17. Jahrhundert gemeinsam die Schule. Beschuldigungen (Pferdehandel, Synagoge) von Allschwilern bewirkten 1694 das Ausweisungsdekret des Fürstbischofs; viele Juden flohen nach Hegenheim. Nach der Raurachischen Republik (1792-1793) geriet Allschwil bis 1814 unter französische Herrschaft (Departement Mont-Terrible 1793-1800, Departement Haut-Rhin 1800-1814), gegen die es deutlicher als andere Birsecker Gemeinden reagierte (1794 Gehorsamsverweigerung).

1815 kam Allschwil zum Kanton Basel. In den Trennungsjahren spaltete sich die Einwohnerschaft in zwei Lager. 1833 wurde Allschwil Teil des neuen Kantons Basel-Landschaft. Im Kulturkampf verschoben sich die konfessionellen Verhältnisse, als 1877 der römisch-katholische Pfarrer Peter Wildi abgewählt und durch den christkatholischen Johannes Schmid ersetzt wurde; die Dorfkirche musste der christkatholischen Mehrheit überlassen werden. 1878 gründeten die zuvor von Basel und Binningen aus betreuten Allschwiler Reformierten die Kirchgemeinde Allschwil-Schönenbuch. 1970 waren 54% der Einwohner reformiert, 40% römisch-katholisch.

Bereits 1860 war das Bauerndorf Allschwil stark von Gewerbe (Fuhrwesen, Viehhandel, Schmieden) durchsetzt, viele Einwohner arbeiteten in Basler Fabriken. Die Bauern betrieben vor allem Acker- und Gemüsebau. Sie belieferten den nahen Absatzmarkt Basel insbesondere mit Weisskraut. 1897-1921 wurden dieses in der Sauerkrautfabrik verarbeitet, die von der 1860 gegründeten Landwirtschaftlichen Genossenschaft erstellt worden war. Ende des 19. Jahrhunderts verschwanden Hanf-, Flachs- und Rebbau. 1955 existierten 63 Bauernbetriebe, 1965 29, 1980 31. Bis um 1930 wuchs die Industrie stark (v.a. Ziegeleien, daneben Bekleidungs-, Metall- und Maschinenindustrie); bereits 1910 arbeiteten 73% der in Allschwil Erwerbstätigen im 2. Sektor. Die letzten der ab den 1870er Jahren gegründeten mechanischen Ziegeleien (u.a. Passavant-Iselin & Cie., erste Falzziegelpresse der Schweiz) wurden 1975 geschlossen. Der fehlende Bahnanschluss (der 1926 geplante Güterbahnanschluss wurde nie realisiert) verhinderte eine stärkere industrielle Entwicklung. Zudem verlor Allschwil mit dem Aufkommen der Rheinschifffahrt seine Bedeutung als Zollort. Die 1905 eröffnete Tramlinie nach Basel förderte die wirtschaftliche Orientierung nach der Stadt (1910 40%, 1990 79% Wegpendler). Heute ist Allschwil gewerblich-industriell ausgerichtet mit Schwerpunkten in Metall-, Papierindustrie (Elco AG, 1900 gegründet) und Chemie. 1990 waren 35% der in Allschwil Erwerbstätigen im 2., 54% im 3. Sektor beschäftigt.

Allschwil erlebte 1850-1970 vor allem dank Zuwanderung aus Basel ein gewaltiges Bevölkerungswachstum, wurde 1930 zur einwohnerstärksten Baselbieter Gemeinde und immer mehr zur Agglomerationsgemeinde mit ihren typischen Infrastrukturproblemen. Seit 1970 stagniert das Wachstum. Mit dem Verzicht auf die Eingliederung in den Städteverband betonte Allschwil seinen dörflichen Charakter. Dieser wird unterstrichen durch die Restauration der Mitte des 19. Jahrhunderts verputzten Fachwerkhäuser (1976 Auszeichnung des Europarats, 1980 Dorfkernplanung), das 1968 eröffnete Heimatmuseum und den 1977 geschaffenen Allschwiler Markt.

Quellen und Literatur

  • T. Nordemann, Zur Gesch. der Juden in Basel, 1955, 34-36
  • L. Zehnder et al., Heimatkunde Allschwil, 1981
  • Allschwiler Schr. zur Gesch., Kultur und Wirtschaft, 1982-
  • Willkommen in Allschwil, 1986
  • Tatort Vergangenheit, hg. von J. Ewald, J. Tauber, 1998
Von der Redaktion ergänzt
  • Heyer, Hans-Rudolf: Der Bezirk Arlesheim, 1969, S. 30-44 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, 1).
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Brigitta Strub: "Allschwil", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.06.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001190/2009-06-30/, konsultiert am 28.03.2024.