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Guggisberg

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Schwarzenburg. Die 54 km2 grosse Gemeinde in der Voralpenzone, die vom Sensegraben (Kantonsgrenze zu Freiburg) und dem rechts anschliessenden Hügelland bis zur Stockhornkette reicht, wird durch den Höhenzug Egg zweigeteilt. Südlich liegt eine Alp- und Forstwirtschaftszone mit dem Weiler Sangernboden, nördlich eine Ackerzone, welche neben Guggisberg noch weitere Dörfer, Weiler und Höfe umfasst (Riffenmatt, Kalchstätten, Riedstätt, Kriesbaumen, Laubbach auf 860-1120 m). 1076 Mons Guchani. 1764 3400 Einwohner; 1850 5693; 1860 5086 bzw. ohne Rüschegg 2823; 1900 2809; 1950 2339; 1980 1560; 2000 1660.

Von einer frühen Begehung des Gemeindegebiets zeugen meso- oder neolithische Steinbeile und römische Funde (Keramik) beim Zusammenfluss von Kalter und Warmer Sense (Understi Site); ein hochmittelalterliches Erdwerk wurde bei Ägerten über der Laubbachsäge entdeckt. Auf Reichsland gelegen, kamen «Wälder und Einöden um Guggisberg» um 1075 als Stiftungsgut an das Priorat Rüeggisberg, Inhaber des Kirchensatzes von Guggisberg, der 1485 ans Vinzenzstift Bern und in der Reformation 1528 an Bern überging. Die Kirche im Dorf Guggisberg (1148 erwähnt; Mauritius-Patrozinium) entstand über einem Vorgängerbau (8.-11. Jh.) im Zeitraum zwischen 1453 und 1528 und wurde mehrfach, zuletzt 1823-1824, erweitert. Auf eine mittelalterliche Kapelle bei Riffenmatt weist der Flurname Chappelen. Die Kirchgemeinde Guggisberg, von der sich Rüschegg 1860 abtrennte, verfügt seit 1931 über eine Kapelle im Sangernboden.

Als Teil der Herrschaft Grasburg unterstand Guggisberg der Verwaltung von Vögten des Reichs, ab 1310 Savoyens. Die bereits im 14. Jahrhundert unter einem Ammann genossenschaftlich organisierten Landleute gingen 1330 ein Bündnis mit Bern ein, nahmen aber in den Fehden Berns mit Freiburg gelegentlich für dieses Partei und wurden deswegen von Bern 1341 und 1361 zur Strafe gebrandschatzt. Von 1423 an bildete Guggisberg in der bernisch-freiburgischen Vogtei Grasburg mit Rüschegg die sogenannte obere Gemeinde oder Gewalt (Niedergericht) mit eigenem Rathaus (1555 erwähnt; 1863-1864 durch Neubau ersetzt, heute Gemeindehaus). 1798 kam Guggisberg zum Kanton Bern.

Haupterwerbszweige waren Ackerbau und Viehwirtschaft in den nördlich der Egg gelegenen Heimbetrieben sowie in Vorsassen (1000-1300 m) und Alpen im Gebiet Hinter der Egg (Alpkäserei, Schafsömmerung). An der Weide- und Waldnutzung der sogenannten Landesallmend am Scheidwald hatten neben Guggisberg alle Gemeinden der Vogtei teil. Ab dem 16. Jahrhundert siedelten dort zugezogene Arme und Heimatlose, Kesselflicker und Korbflechter, so dass bis ins 18. Jahrhundert mehrere Armendörfchen entstanden waren: südlich von Guggisberg Hirschmatt, Laubbach, Plötsch, im Schluchtteil unter anderem Heubach, Hirschhorn, Äugsten. Zu ihrer Betreuung richtete man 1809 die Helferei Rüschegg ein.

Nach 1800 erlangte das Dorf Guggisberg (1904 89 Einwohner, 1996 60) den Ruf einer Sommerfrische (Aussichtspunkt Guggershorn). Als aber der Kanton 1819 die Einbürgerung aller Allmendsiedler in der Gemeinde verfügte, wurde Guggisberg von Armenlasten überrollt. Die Verarmung, die in den Hungerjahren (1816-1818, 1840er Jahre) noch zunahm, traf die ganze Bevölkerung; Bauern verkauften ihre Alprechte an Auswärtige, viele wanderten nach Amerika aus. Um 1850 war Guggisberg ärmste Gemeinde im Kanton Bern. 1860 schliesslich sah man die Rettung nur in der Aufteilung in die zwei Einwohnergemeinden Guggisberg und Rüschegg.

Wirtschaftlich erholte sich die nun halbierte Gemeinde Guggisberg im 20. Jahrhundert bei sinkender Bevölkerungszahl (Abwanderung), vor allem ab 1954 dank dem Finanzausgleich unter bernischen Gemeinden sowie dem Aufkommen von Gewerbe und Tourismus neben der Landwirtschaft. Das Gewerbe ( Käserei, Sägerei, Zimmerei, Holzbau und Holzhandel) verteilt sich über die Dörfer und Weiler (v.a. Riffenmatt, Guggisberg); den Naherholungstourismus mit Winter- und Sommersport (Gasthöfe, Ferienhäuser, Alphüttenlager) kennen vor allem Riffenmatt, Sangernboden und das Feriendorf Ottenleuebad. Die Alpen werden teils privat, teils genossenschaftlich bewirtschaftet; viele Alprechte sind im Besitz auswärtiger Personen und Gemeinden, die dort Rinder und Pferde sömmern. Die Gemeinde unterhält acht Schulhäuser; die Sekundarschule befindet sich in Schwarzenburg.

Quellen und Literatur

  • E. Friedli, Bärndütsch als Spiegel bern. Volkstums 3, 1911
  • Guggisberg, Jb., hg. von E.W. Stalder, 1946-59
  • H. Schöpfer, Guggisberg, 1984
  • W. Aebischer, 1148-1998: 850 Jahre Guggisberg, 1998
  • H.P. Ryser, Bauinventar der Gem. Guggisberg, 1999
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Guggisberg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.05.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000481/2012-05-10/, konsultiert am 29.03.2024.