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Koppigen

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Burgdorf. Die an der Ösch gelegene Gemeinde umfasst das Dorf Koppigen und die Siedlungen St. Niklaus und Öschberg. Zur Kirchgemeinde Koppigen gehören ferner Alchenstorf, Hellsau, Höchstetten und Willadingen, die heute auch den Gemeindeverband Koppigen bilden. 1887 wurde Brechershäusern an Wynigen abgetreten. 1139 und 1181-1182 Chopingen. 1764 375 Einwohner; 1850 1012; 1900 1102; 1950 1551; 2000 2066.

Die gotische Kirche und das Pfarrhaus des 18. Jahrhunderts von Osten. Aquarell von Samuel Weibel, um 1823 (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).
Die gotische Kirche und das Pfarrhaus des 18. Jahrhunderts von Osten. Aquarell von Samuel Weibel, um 1823 (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).

Das Gemeindegebiet wurde früh besiedelt, worauf viele archäologische Spuren hinweisen: neolithische (Öschberg, Ösch) und bronzezeitliche Einzelfunde (Utzenstorfstrasse) sowie ein hallstattzeitlicher Grabhügel mit frühmittelalterlicher Nachbestattung (Klein Fänglenberg). Kirche und Pfarrhof entstanden auf einem römischen Gutshof; aus der römischen Zeit stammen weitere Einzelfunde (u.a. Öschberg). Frühmittelalterliche und mittelalterliche Gräber(felder) liegen im Raum Bühl-Burghubel-Bleie-Hubel-neuer Kirchhof. Das mittelalterliche Dorf Koppigen war ringförmig um die ehemalige Burg (keine Reste) an einem Dreiweg angelegt. Die zähringischen Ministerialen von Koppigen (1181-1276 erwähnt) starben früh aus. Ihr Besitz blieb in der Hand zähringisch-kyburgischer Dienstleute, im 14. Jahrhundert in derjenigen der Herren von Thorberg (1175-1400 erwähnt). Im Sempacherkrieg zerstörte Bern 1386 die Burg Koppigen des habsburgischen Gefolgsmanns Peter von Thorberg. Dieser überliess 1397 allen Besitz in Koppigen (Burgstall, Kirche, Niedergericht, Güter) seiner neu gestifteten Kartause Thorberg. Die Kartäuser inkorporierten 1413 die 1275 erwähnte Kirche Koppigen, vermutlich eine Eigenkirche der Burgherren, und unterstellten ihr neu die Kirchen Hellsau und Alchenstorf (1422), die von Koppigen aus betreut wurden (Vertrag 1471). Höchstetten und Willadingen, ebenfalls Teile der Kirchgemeinde Koppigen, waren ohne Gotteshaus. Das Gericht Koppigen (Twingrecht von 1470) im Umfang des Kirchspiels Koppigen kam nach der Säkularisation Thorbergs an Bern und wurde nach 1528 vom bernischen Vogt auf Thorberg verwaltet. Hochgerichtlich unterstand es dem kyburgischen, ab 1406 dem bernischen Amt Wangen (Urteil 1473). 1431 teilte Bern das Kirchspiel Koppigen steuerlich dem Burgdorfer Ausburgerkreis und militärisch 1511 dem dortigen Banner zu. Seit 1803 gehört es zum Oberamt bzw. Amtsbezirk Burgdorf. Grenzbereinigungen fanden 1435 zu Niederösch und Utzenstorf (1481-1487 Weidestreit) statt. Unter Thorberg verschafften sich Koppigen und Willadingen Fischereirechte, 1515-1525 die Aufsicht über die Bäche und 1527 die volle Nutzung an allen Bächen erblehensweise.

Die mittelalterlichen Zelgdörfer Öschberg (auch Öschfurt genannt) und St. Niklaus wurden als Rastorte an der West-Ost-Route benutzt. In St. Niklaus stand die gleichnamige Kapelle (1448 erwähnt) und die 1448 erneuerte Herberge der Kartause, deren Lehensmann auch die Kapelle betreute. Auch in Öschberg befand sich eine Klosterherberge. 1523 übernahm die Gemeinde Koppigen ihren Unterhalt. Nach der Reformation existierten die Herbergen als Tavernen weiter. Aus dem Bären mit Hof in St. Niklaus (Stiftung Affolter) entstand das 1924 gegründete Knabenerziehungsheim, das heutige Kinderheim Friedau. Die Sonne mit Grosshof in Öschberg, die als Stiftung Affolter an den Ökonomisch-Gemeinnützigen Verein des Amtes Burgdorf gelangt war, wurde von diesem 1906 in ein Dienstbotenheim und einen Musterbetrieb umgewandelt.

Beim Übergang vom Zelg- zum Feldgrasbau erwarb die Gemeinde 1844 vom Staat die ehemaligen Herrschaftswälder (1862 Aufteilung auf die Anteilhaber). Die Umstellung auf die Milchwirtschaft führte 1844 zur ersten Käserei in Koppigen, eine zweite entstand 1867 in St. Niklaus. Eine Güterzusammenlegung von 1875-1876 beseitigte die Reste der Zelgeinteilung. Koppigen wies schon vor 1800 vielfältiges Handwerk und Gewerbe auf. Bis auf eine Zigarrenfabrik in den 1870er Jahren blieb eine Industrialisierung im 19. und 20. Jahrhundert aus. 1902 wurde die Spar- und Leihkasse Koppigen gegründet. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts bestehen neben dem Kleingewerbe unter anderem ein Gerätebau-, Bau-, Car- und Décolletageunternehmen. Koppigen verfügt über ein regionales Schulangebot mit der Primarschule (bis 1821 einziges Schulhaus in der Kirchgemeinde Koppigen, heute Schulgemeindeverband Koppigen-Willadingen) und Sekundarschule (seit 1891). Aus der Stiftung Affolter wuchsen 1920 die überregionale Gartenbauschule und die Schweizerische Zentralstelle für Gemüsebau und Spezialkulturen. Auch ein Ableger des Verbands Schweizerischer Gärtnermeister in Zürich befindet sich in Koppigen. Überregionale Bedeutung besitzen das 1905 als Asyl gegründete Chronischkrankenheim und das Dienstbotenaltersheim, beide in St. Niklaus.

Quellen und Literatur

  • C. Nicklès, Thorberg 1397-1528, ou l'ancienne chartreuse de Berne, 1894
  • Heimatbuch des Amtes Burgdorf und der Kirchgem. Utzenstorf und Bätterkinden, 2 Bde., 1930-38
  • A. Moser, Gem. Koppigen, Amtsbez. Burgdorf, Regionalplanungsverband Burgdorf, 1987
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Koppigen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000250/2010-09-15/, konsultiert am 28.03.2024.