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PfäffikonZH

Politische Gemeinde und Bezirk des Kantons Zürich. Bezirkshauptort und Industriedorf am Nordostufer des Pfäffikersees, mit den Aussenwachten (meist aufgehobene Zivilgemeinden) Auslikon, Balm, Bussenhausen, Faichrüti, Hermatswil, Irgenhausen, Oberwil, Sulzberg und Wallikon; bis 1869 mit Wermatswil und Hintergasse (Gemeinde Uster), bis 1874 mit Ottenhausen und Wagenburg (Gemeinde Seegräben). 811 Faffinchova, 965 Phaffinchova. 1463 385 Einwohner; 1634 786; 1799 2271; 1850 2896; 1860 3066; 1900 2986; 1950 4784; 1970 7586; 2000 9592.

Panorama aus Südwesten, bestehend aus drei Einzelbildern, auf Karton geklebt. Fotografien von 1949 (Staatsarchiv Zürich, Tiefbauamt).
Panorama aus Südwesten, bestehend aus drei Einzelbildern, auf Karton geklebt. Fotografien von 1949 (Staatsarchiv Zürich, Tiefbauamt). […]

Am See fanden sich mesolithische Geräte, mehrere neolithische Ufersiedlungen (darunter ein Einbaum von 4000-3500 v.Chr. und ein Pfahlrost von 2865 v.Chr.), eine bronzezeitliche Landsiedlung (Hotzenweid) mit Grab (Hittnauerstrasse), ausserdem diverse hallstatt- und latènezeitliche Gräber (Dolmen mit keltischer Goldmünze oberhalb Wallikon). Drei römische Gutshöfe sind an der Römerstrasse Oberwinterthur-Kempraten nachgewiesen (Irgenhausen, Speck, Bürglen). Das Wehrkastell Irgenhausen wurde vermutlich in diokletianischer oder konstantinischer Zeit errichtet. Grabfunde belegen die alemannische Besiedlung im 7. und 8. Jahrhundert. Landschenkungen an das Kloster St. Gallen wurden 811 in der Benignuskirche (einziges Patrozinium des fränkisch-burgundischen Heiligen in der Schweiz) in Pfäffikon getätigt, im gleichen Jahr dem Kloster Güter in Irgenhausen übertragen. 960 schenkte König Otto I. dem Kloster Disentis Kirche und Höfe in Pfäffikon. Mitte des 13. Jahrhunderts ging dieser Besitz an St. Gallen über, welches ihn Anfang 14. Jahrhundert an die Habsburger verlieh. Als Erben der Kyburger besassen sie die volle Gerichtsherrschaft in den meisten Orten der heutigen Gemeinde und teilten sie in Irgenhausen und Auslikon (bis 1300) mit den Grafen von Rapperswil. Als habsburgische Lehensträger residierten die Herren von Breitenlandenberg in der vor 1250 errichteten, von den Eidgenossen 1386 und 1444 zerstörten Wasserburg am Pfäffikersee; die Landenberg-Greifensee waren Gerichtsherren in Irgenhausen und Auslikon. Umfangreicher Güterbesitz des Klosters Rüti ging um 1440 an die Herren von Hinwil. 1424 bzw. 1452 gelangte Pfäffikon mit dem Amt Kyburg unter zürcherische Hoheit. Zum oberen Amt gehörend, beherbergte Pfäffikon bis 1671 die kyburgische Landschreiberei. 1798-1803 war die Gemeinde Teil des Distrikts Fehraltorf, bis 1815 des Bezirks Uster, bis 1831 wieder des Oberamts Kyburg. Mit der politischen Neuordnung wurde Pfäffikon 1832 Hauptort des gleichnamigen Bezirks.

Die karolingische Benignuskirche ist fragmentarisch nachgewiesen, ebenso die nachfolgende romanische Martinskirche. An deren Stelle wurde 1484-1488 ein spätgotischer Neubau (Langhaus mit netzgewölbtem Chor) errichtet, mit fünf Altären und Fresken. Während der Reformation wurden 1523 die Altäre zerstört und die Fresken übertüncht (1948 freigelegt). Die Täufergemeinschaft fand Anhänger in den Aussenwachten. Die Kirchgemeinde Pfäffikon umfasste bis 1688 Bauma, bis 1707 Hittnau. Pfarrer Bernhard Hirzel war 1839 massgeblich am sogenannten Züriputsch beteiligt. Ab 1800 wanderten Katholiken zu.

Pfäffikon ist 1395 als Marktort zwischen Rapperswil und Winterthur bezeugt, 1517 bestätigt. Von hier aus wurde vor allem die Zürcher Oberländer Viehwirtschaft mit Salz versorgt. In dem Verwaltungs- und Marktort lebten wohlhabende Familien, die im Salz-, Fisch-, Leinen-, Getreide- und Eisenwarenhandel tätig waren. Die Handwerke wurden auf der Landschaft toleriert. Später wanderten diese Familien nach Winterthur aus. Der Hauptteil der Bevölkerung lebte von Ackerbau (Dreifelderwirtschaft bis 18. Jh.) und Viehwirtschaft. 1661 zwang die Verarmung 51 Personen zur Auswanderung nach Württemberg. Ab 1715 wurden die Torfmoore für Heizzwecke ausgebeutet. Im 17. Jahrhundert kam Heimarbeit auf, die im 18. Jahrhundert die Hälfte der Bevölkerung ernährte. Sie brachte wirtschaftlichen Aufschwung, war jedoch stark konjunkturabhängig. Mechanische Spinnereien, Webereien und Seidenzwirnereien nutzten die beschränkte Wasserkraft und konkurrenzierten die Heimarbeit. Viele in Not geratene Heimarbeiter aus Pfäffikon nahmen am Fabriksturm von Uster (1832) teil. Das Ausmass der Industrialisierung blieb in Pfäffikon vorerst bescheiden. Aus der 1880 gegründeten Drahtwicklerei ging die heute grösste Arbeitgeberin Pfäffikons hervor (Huber + Suhner AG). 1851 erschien das Wochenblatt als Vorkämpfer des demokratischen Umbruchs von 1868. Der 1851 gegründete landwirtschaftliche Verein besorgte bis 1970 die Milchverarbeitung. Zwischen dem Dorf und der 1876 erstellten Bahnlinie entstand bis um 1900 ein regionales Dienstleistungszentrum. 1902 errichtete der Krankenverein das erste Spital (heute ein Krankenheim). Seit 1960 nehmen vermehrt Pendler Wohnsitz in Pfäffikon 2005 stellte der 2. Sektor 39% der Arbeitsplätze in der Gemeinde.

Quellen und Literatur

  • Heimatbuch Pfäffikon, 2 Bde., 1962-1983
  • Kdm ZH 3, 1978
  • B. Frei, Pfäffikon, 2005
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Bernhard A. Gubler: "Pfäffikon (ZH)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.01.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000122/2010-01-18/, konsultiert am 28.03.2024.