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Thalwil

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Horgen. Seegemeinde am linken Zürichseeufer, zusammengewachsen aus den früher Wachten genannten Dorfteilen Ludretikon, Ober- und Unterdorf sowie Gattikon. Nach 1030 Talwile villam, 1133 Telwil. 1634 601 Einwohner; 1762 1100; 1799 1149; 1833 1318; 1850 1889; 1880 3293; 1900 6791; 1950 8787; 2000 15'805.

Früheste sichere Siedlungsspuren sind vier 1935 entdeckte frühmittelalterliche Gräber im unteren Schwandel. Ältester Dorfteil ist das 915 erwähnte Ludretikon. Grundbesitzer waren im 11. Jahrhundert das Kloster Muri, die Grafen von Habsburg und die Freiherren von Eschenbach. 1064 wurde laut den Acta Murensia Landbesitz Muris von den Habsburgern bestätigt. Das Kloster verfügte 1495 über zwölf Höfe, die ihm bis zur Aufhebung 1835 erhalten blieben. Als Verwaltungsgebäude diente das 1900 abgebrochene grosse Amtshaus am See. Zudem besass Muri die Bannegg-Waldung (1283 erwähnt), welche 1433 an die damaligen Inhaber der Klosterhöfe verkauft wurde. Daraus erwuchs die noch heute existierende Holzkorporation, die älteste des Kantons. Neben Muri besass auch das Kloster Wettingen drei Lehenhöfe. Andere geistliche Grundbesitzer im Spätmittelalter waren vor allem Grossmünster, Spital, Predigerkirche, Oetenbach und St. Verena in Zürich. Die Vogtei lag im 14. Jahrhundert als österreichisches Pfand zunächst bei der Familie Brun, hernach bei den von Neuenfels und Niklaus von Babenheim. 1385 kam sie durch Kauf zunächst an Andreas Seiler von Zürich und darauf an die Stadt selbst. 1437 wurde sie mit der Vogtei Horgen vereinigt. Eine St. Martin geweihte Kirche wird 1159 erwähnt, als erste Kirche am linken Seeufer. Durch Tausch gelangte sie 1253 von Muri an Wettingen, welches das Kollaturrecht über die Reformationszeit hinaus bis 1838 ausübte. 1711 trennte sich Langnau am Albis von der Kirche Thalwil. Nach Umbauten zwischen 1578 und 1656 wurde die alte Kirche 1845-1847 vollständig durch einen Neubau ersetzt, 1943 durch einen Brand zerstört und danach wieder aufgebaut. Der 1899 erbauten katholischen Kirche wurde erst 1924 ein Turm angefügt. Um 1850 fast ausschliesslich reformiert, waren die Einwohner 2000 zu 41% reformiert, zu 34% katholisch.

Bis zur Industrialisierung war Thalwil vorwiegend ein Bauerndorf mit viel Rebgebiet und dörflichem Handwerk. Zwei Mühlen sind im Spätmittelalter erwähnt, die eine seeseits, die andere sihlseits unterhalb des Gattikerweihers. Später kam noch eine der Schoorenmanufaktur in Kilchberg gehörende Glasurmühle dazu. Ein Gerbereibetrieb wird 1624 erwähnt. Vor und während der Helvetik tat sich besonders der bekannte Kupferstecher und Maler Johann Jakob Aschmann als politische Führerfigur hervor. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden viele Textilbetriebe. Unter den Unternehmern finden sich alte Thalwiler Namen wie Schmid, Schwarzenbach oder Kölliker. Einzelne dieser Firmen, wie die Heer & Co. AG (1831 als Kattundruckerei gegründet), die 1832 gegründete Seidenfirma Schwarzenbach, die 1815 in Betrieb genommene Baumwollspinnerei Schmid in Gattikon und die 1831 gegründete Färberei Weidmann am See, erlangten um die Jahrhundertwende grosse Bedeutung und hielten sich bis in die 1960er Jahre. Nach ihrer Stilllegung wurden die Fabrikgebäude abgerissen, an ihre Stelle traten Wohnquartiere oder öffentliche Seeanlagen. Die Industrialisierung brachte Thalwil einen grossen Bevölkerungszuwachs und liess die einzelnen Dorfteile zusammenwachsen. Diese Entwicklung wurde durch die 1875 eröffnete linksufrige Bahnlinie noch gefördert. Mit dem Bau der Linie von Zürich nach Zug (1897) wurde das Dorf zum wichtigen Bahnknotenpunkt. Dank der guten Verbindungen nach Zürich und in die Innerschweiz ist Thalwil heute vorwiegend Wohngemeinde für Pendler (2000 76% Wegpendler). Neben dem lokalen Gewerbe sind von den grösseren Unternehmungen die Unisys, die Schulmöbelfabrik Hunziker und die aus der Vereinigten Färberei & Appretur AG hervorgegangene Wäscherei zu nennen. Daneben existieren verschiedene Unternehmen der Chemiebranche.

Quellen und Literatur

  • Njbl. Thalwil, 1972-
  • H.J. Zwicky, Chronik der Gem. Thalwil, 1995
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Hans Jakob Zwicky: "Thalwil", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.10.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000104/2012-10-03/, konsultiert am 13.04.2024.