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Kleinandelfingen

Ausschnitt aus dem Zehntenplan von 1661, gezeichnet vom Kartografen und Vermessungsingenieur Hans Conrad Gyger (Staatsarchiv Zürich, Plan Q 201).
Ausschnitt aus dem Zehntenplan von 1661, gezeichnet vom Kartografen und Vermessungsingenieur Hans Conrad Gyger (Staatsarchiv Zürich, Plan Q 201). […]

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Andelfingen. Zivilgemeinde bis 1965. Rechtsufriger Brückenkopf an der Thur, mit den Dörfern Oerlingen (Zivilgemeinde bis 1994) und Alten (Zivilgemeinde bis 1968). Um 1270 ex opposito Andolfingen ultra Thuram, 1303-1309 Andolfingen ennunt der Ture, 1427 Minder Andellfingen, 1474 von cleinen Andelffingen. Oerlingen: 1241 in villa Oerlingin. Alten 1361 Alta. 1468 17 Haushalte; 1634 362 Einwohner; 1850 1114; 1900 1036; 1950 949; 1970 1202; 2000 1821.

Römische Siedlungsspuren in Oerlingen (Bergli). Grosses frühmittelalterliches Gräberfeld in Oerlingen, weitere frühmittelalterliche Grabfunde in Kleinandelfingen-Zelgli. Burgstelle Wesperspül südlich von Alten. Die Thurbrücke von Kleinandelfingen nach Andelfingen wird 1324 erwähnt, die parallele Fähre war ein Lehen des Klosters Rheinau. Letzteres besass bis 1798 die Niedergerichte in Kleinandelfingen. Über die Rheinauer Güter in Kleinandelfingen (ein Hof und sechs Huben) und Oerlingen (ein Hof) übte um 1300 Habsburg das Blutgericht und das Vogtrecht (mittlere Gerichtsbarkeit) aus. 1315 versetzte Habsburg die Vogtei von Oerlingen an die Truchsessen von Diessenhofen. Diese müssen vor 1420 auch die Vogtei des Dorfes Kleinandelfingen erworben haben. Die Rechte der Truchsessen wurden in der Herrschaft Trüllikon zusammengefasst, die 1556 nach verschiedenen Handänderungen zum Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen kam. Anfang des 18. Jahrhunderts verloren die Kreuzlinger Lehensträger ihre Kompetenzen in Kleinandelfingen weitgehend an die Landvogtei Andelfingen. Das ursprünglich habsburgische Blutgericht über das Dorf Kleinandelfingen gelangte möglicherweise schon 1434, sicher vor 1489 als Teil der Herrschaft Andelfingen an den Stadtstaat Zürich. Oerlingen hingegen gehörte zur Grafschaft Kyburg, die 1424 bzw. 1452 zürcherisch wurde. Die politische Gemeinde Kleinandelfingen im heutigen Umfang entstand erst 1804. Kleinandelfingen gehört zur reformierten Kirchgemeinde Andelfingen. Eine spätmittelalterliche Filialkapelle wird 1370 erwähnt; sie wurde in der Reformationszeit profaniert (1688 als Gemeindehaus erwähnt). Die 1939 erbaute katholische Kirche untersteht dem Pfarramt Oberstammheim. In der frühen Neuzeit erfolgte die Gemeindebildung in den einzelnen Fraktionen. Die Einzugsbriefe für Alten bzw. Kleinandelfingen datieren 1542 und 1560. Gemäss dem Zehntenplan von 1661 waren 57% des Gemeindeterritoriums Ackerland und 42% Wald. Die Fischteichanlage des Klosters Rheinau, der 1426 belegte "Oerlingersee", ist noch auf der Kantonskarte Hans Conrad Gygers von 1667 auszumachen. 1850 wurden 170 Bauern, 50 Handwerker, 2 Baugeschäfte, 2 Schmiede sowie 2 Ärzte in Kleinandelfingen gezählt; diese Statistik belegt somit eine beschränkte zentralörtliche Funktion. Der Thurübergang bei Alten wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingerichtet (1868-1877 Steg, 1884 Stahlfachbrücke, seit 1992 Holzbrücke), eine Melioration in Kleinandelfingen 1925-1929 durchgeführt.

Quellen und Literatur

  • E. Stauber, Gesch. der Kirchgem. Andelfingen, 3 Bde., 1940-43
  • A. Spaltenstein, Der stille Wandel, 1997
  • A. Stebler-Cauzo, «Die frühma. Gräber von Oerlingen / Kleinandelfingen», in ZAK 54, 1997, 245-300
  • O. Sigg, «Agrargeogr. und -soziale Beobachtungen des 15. bis 17. Jh. am Beispiel von Kleinandelfingen», in Schweiz. Zs. für Forstwesen 157, 2006, 403-407
Von der Redaktion ergänzt
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Zitiervorschlag

Martin Illi: "Kleinandelfingen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.08.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000027/2007-08-20/, konsultiert am 29.03.2024.