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Affoltern am Albis

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Affoltern. Affoltern am Albis liegt westlich der Albiskette in einer sich gegen die Reussebene öffnenden Moränenlandschaft an der Jonen. Die politische Gemeinde wurde im 19. Jahrhundert aus den Zivilgemeinden Ober- und Unteraffoltern, Zwillikon und Loo-Fehrenbach gebildet. 1190 Afiltre. Bis ins 17. Jahrhundert 100-250 Einwohner; 1736 1060; 1850 1855; 1900 2779; 1950 3484; 2000 10'314.

Früheste Siedlungszeugen sind Grabhügel der Hallstattzeit auf dem Müliberg, in der Dorfmitte und im Aespli. Nachforschungen aufgrund von Hinweisen aus dem 19. Jahrhundert auf römische Gutshöfe (Grossholz, Betpur, Aespli, Zwillikon) verliefen ergebnislos. Bei der Renovation der reformierten Kirche (1975-1977) fand man Spuren einer Kapelle (um 1000) und Restgemäuer einer romanischen Kirche (12./13. Jh.). 1190 ist Affoltern (Namensdeutung: Apfelbaumdorf) in einem Urbar des Klosters Engelberg erstmals urkundlich erwähnt; 1213 bestätigte König Friedrich II. den Klosterbesitz samt Kirche. 1303 gelangte das Patronat an das Domstift Konstanz. Über Resten eines gotischen Vorgängerbaus (13./14. Jh.) entstand um 1500 die spätgotische Kirche. Um 1300 wurde in Zwillikon eine Kapelle als Filiale der Kirche Unterlunkhofen erbaut (1840 in Doppelwohnhaus umgewandelt).

1255 bezeugten Edle de Affoltre drei Urkunden für die Freiherren von Eschenbach und das Kloster St. Blasien (Schwarzwald). 1310 verkaufte der edel Johannes von Affholtren einen Hof in Hausen. Danach verschwindet das Geschlecht aus den Quellen, ein Herrschaftssitz ist unbekannt. 1269 gelangten Güter apud Zwillinkon an das Kloster Frauenthal. In der Reussgegend lebten, wie die Existenz eines habsburgischen Freiamts um 1300 andeutet, auch persönlich freie Bauern (Offnung für das fryampt ze Afholtren um 1380). Die sogenannte Freiamtsgemeinde blieb als demokratische Einrichtung bis 1795 bestehen. Die hohe Gerichtsbarkeit der Habsburger fiel 1415 an Zürich, welches 1507-1512 das Gebiet westlich des Albis zum Knonaueramt arrondierte (Knonauer Amtsrecht 1535). Die Gemeinde regelte 1563 und 1603 mit Einzugsbriefen den Zuzug Auswärtiger (Abschliessungstendenzen).

Die eidgenössischen Truppen stürmen während des Bockenkriegs von 1804 den Ort. Aquarell von Johann Jakob Aschmann (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Die eidgenössischen Truppen stürmen während des Bockenkriegs von 1804 den Ort. Aquarell von Johann Jakob Aschmann (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

In der Landwirtschaft wurde das Dreizelgensystem bis ausgangs des 18. Jahrhunderts beibehalten. 1786 gab es in Affoltern indes nur noch ein Dutzend Vollbauern. Baumwollspinnerei und Baumwollweberei im Verlagssystem bildeten ab 1700 eine wichtige nebenberufliche, bei einem Viertel der Einwohner gar die einzige Erwerbsquelle. 1729 begann die Auswanderung nach Übersee (Pennsylvania, Carolina); 1750 waren 10% der Bevölkerung weggezogen. Nach der Niederlage der Aufständischen im Bockenkrieg von 1804 wurde unter anderen Gerichtspräsident Jakob Schneebeli aus Affoltern als deren Anführer hingerichtet: Als Zeichen der Rehabilitation steht seit 1876 ein Märtyrerdenkmal am Bahnhofplatz.

Für die mehrmals vergrösserte reformierte Kirche entwarf Gottfried Semper 1861 einen Treppengiebel-Turmaufsatz. Die katholische Kirche von 1892 wurde 1981 gesprengt und 1983 durch ein Pfarreizentrum ersetzt. 1638 wurde in einer Bauernstube erstmals Schule gehalten. Um 1670 entstand neben dem Pfrundhaus ein Schulgebäude, das 1817 durch einen Neubau (heute Gemeindehaus) ersetzt wurde. In Zwillikon stand ab 1693 eine Schulstube; ein Schulhausbau erfolgte 1821. Die Schulgemeinde Zwillikon wurde erst 1926 mit jener von Affoltern vereinigt. Ein neues Primarschulhaus entstand 1879, ein Sekundarschulhaus 1899. Seither folgten diverse Neubauten (1966 Butzen, 1975 Zwillikon, 1992 Semper), unter anderem 1971 Ennetgraben als Oberstufenschulhaus für Affoltern und Aeugst am Albis.

Eine Baumwollspinnerei in Zwillikon (1827) und die Seidenstoffweberei Näf (ab 1865 in Affoltern) sind gleich den meisten Betrieben der Gründerzeit eingegangen, lediglich die 1912 entstandene Mosterei-Genossenschaft (später Ova-Produkte AG) blühte weiter. Diese stellte 2001 den Betrieb ein. Der Kneipp-Kurort Affoltern, 1890 animiert von Pfarrer Johann Jakob Egli aus Bonstetten, besteht seit etwa 1940 nicht mehr. Das Wachstum der Gemeinde, vor allem nach dem Bahnbau von 1862-1864 und erneut ab 1943, wird durch Zonenpläne (zuletzt 1985) reguliert. Die Hälfte des Bodens ist landwirtschaftlich genutzt, aber 1990 zählten nur noch knapp 3% der Arbeitsplätze zum 1. Sektor (1940 13%). Moderne Industrien (grafisches Gewerbe, Feinmechanik, Chemie, Computer-Systeme, Bauzubehör) bieten vor allem im Industriegebiet südwestlich von Affoltern am Albis Arbeitsplätze. 1990 waren von über 4000 Erwerbstätigen 49% Zupendler (57% Wegpendler).

Der Bezirk Affoltern wurde 1837 gebildet und stimmt in territorialer Hinsicht mit seinem Vorgänger, dem Oberamt Knonau, überein. Gleichzeitig löste Affoltern Knonau als Bezirkshauptort ab. Der "Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern" erscheint seit 1847. Die Infrastruktur von Affoltern am Albis als Bezirkshauptort umfasst ein Bezirksspital (1902), das Bezirksgebäude (1973), ein Alterswohnheim mit Regionalbibliothek (1974) sowie Sportanlagen (1988).

Quellen und Literatur

  • Knonaueramt, 1987
  • H.P. Treichler, Affoltern am Albis, 1993
Von der Redaktion ergänzt
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Silvio Diethelm: "Affoltern am Albis", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.06.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000002/2009-06-23/, konsultiert am 28.03.2024.